Mit der Eskalation im Nahen Osten geht es am Freitag am deutschen Aktienmarkt bergab. Auch die US-Börsen eröffnen schwächer. Gold und Öl ziehen dagegen an.
Enthält Material von dpa-AFX
Der Dax verlor am Nachmittag 1,37 Prozent auf 23.447 Punkte, womit er sich von seinem Tagestief bei 23.360 Punkten etwas absetzen konnte.
Anleger zeigten sich risikoscheu und reagierten damit auf die geopolitische Unsicherheit nach israelischen Angriffen auf den Iran. Mit diesen schaltete Israel die Militärführung des Iran aus. Die Attacken richteten sich ferner gegen Atomanlagen des Iran und trafen Ziele in der Hauptstadt Teheran, aber auch im Westen des Landes. Der Iran sprach von einer Kriegserklärung und kündigte eine harte Reaktion an. Er schickte noch am Morgen mindestens 100 Drohnen in Richtung Israel, die Medienberichten zufolge alle abgefangen werden konnten.
Gold war als sicherer Hafen gefragt und die Ölpreise zogen kräftig an. Mögliche Auswirkungen des Ölpreis-Anstiegs auf die künftige Inflationsentwicklung trübten die Stimmung, sagte Marktexperte Andreas Lipkow. Preissteigerungen seien derzeit der absolute Show-Stopper an den Finanzmärkten und störten sowohl die Zinsszenarien als auch das Konjunkturbild der Investoren.
Nachdem der Dax in der Vorwoche noch ein Rekordhoch von 24.479 Punkten erreicht hatte, haben Anleger nun das Zwischentief vom Mai bei 23.274 Punkten im Blick. Darunter droht charttechnisch weiteres Ungemach. Nach einer starken Woche litten zudem im Nebenwerteindex SDax die Titel des Druckmaschinenherstellers Heidelberger Druck unter Gewinnmitnahmen mit minus 5,2 Prozent.
Reaktion auf Eskalation im Nahen Osten: Risiko raus
"An den Aktienmärkten folgt die Reaktion dem klassischen Muster: Risiko raus", kommentierten die Experten von Index Radar den Verlauf. Gewinnmitnahmen seien überfällig - die Eskalation im Nahen Osten liefere den passenden Vorwand. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen sank am Freitag um 1,59 Prozent auf 29.722 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gab um 1,2 Prozent nach.
Rüstungsaktien konnten von der geopolitisch noch fragileren Lage im Nahen Osten nicht durchweg profitieren. Rheinmetall zeigten sich volatil und standen zuletzt an der Dax-Spitze wieder 1,3 Prozent höher. Im MDax gaben Hensoldt etwas nach, Renk hielten sich knapp im Plus.
Weiter unter Druck standen Papiere aus dem Reise- und Luftfahrtbereich - wegen der Einschränkungen im Reiseverkehr durch den kriegerischen Konflikt im Nahen Osten und der steigenden Ölpreise. Lufthansa verloren 3,5 Prozent. Tui notierten 2,4 Prozent schwächer nach einem bereits am Vortag verbuchten Verlust von 9 Prozent. Fraport verbilligten sich um 3 Prozent.
Aus Sorge vor einer abkühlenden Konjunktur zeigten sich zyklische Werte aus dem Einzelhandel, dem Automobil-, Bau- und Bankensektor schwach. Adidas, BMW, Volkswagen und Deutsche Bank lagen im Dax hinten mit Abschlägen von bis zu 2,6 Prozent.
Deutsche Immobilientitel trotzen Marktschwäche
Deutsche Immobilienaktien haben am Freitag dagegen zu den größten Gewinnern im schwachen Marktumfeld gezählt. Sie stemmten sich damit auch gegen den verhaltenen europäischen Branchentrend. Derweil standen Bankentitel deutlich unter Druck.
Am Morgen hatte der Bund-Future, der die Kursentwicklung von Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit widerspiegelt, ein Hoch seit Anfang März erreicht, von dem er inzwischen allerdings deutlich zurückgefallen ist. Im Gegenzug war die Rendite zurückgekommen, was den zinssensiblen Immobilienwerten entgegenkommt, aber Bankenaktien unattraktiver macht.
Am Nachmittag zählten die kaum veränderten Vonovia zu einem der besten Dax-Werte. Im MDax sortierten sich die ähnlich robusten LEG Immobilien und Deutsche Wohnen mit minus 0,4 Prozent recht weit vorn ein. Patrizia aus dem SDax gewannen gar 3 Prozent. Die Titel des Gewerbeimmobilien-Spezialisten Deutsche Euroshop hatten schon am Donnerstag den Erholungspfad eingeschlagen und legten nun um weitere 1,4 Prozent zu.
Dagegen ging es für den europäischen Branchenindex um weitere 0,9 Prozent bergab. Er ist allerdings seit Jahresbeginn mit plus 4 Prozent klar besser gelaufen als die deutschen Titel mit Ausnahme von Deutsche Euroshop. Der europäische Bankenindex sank um 1,7 Prozent. Für Deutsche Bank ging es am Dax-Ende um 3,4 Prozent nach unten.
Wall Street eröffnet ebenfalls schwächer – Adobe nach Quartalszahlen schwächer
Auch die US-Börsen eröffneten nach der Eskalation im Nahen Osten schwächer. Der Dow Jones verlor in der ersten Handelsstunde 1,6 Prozent auf 42.285 Punkte. Der Nasdaq 100 gab unterdessen 1,09 Prozent auf 21.675 Punkte ab. US-Präsident Donald Trump hat unterdessen mit einer Erhöhung seiner Autozölle gedroht. "Vielleicht erhöhe ich diese Zölle in naher Zukunft", sagte Trump bei einem Auftritt im Weißen Haus. Je höher die US-Zölle seien, desto wahrscheinlicher sei es, dass ausländische Autounternehmen ihre Werke in den USA bauten.
Zudem hat Trump mit seiner Unterschrift das kalifornische Programm zum schnelleren Übergang zu Elektroautos gestoppt. Der Schritt verschärft die aktuelle Konfrontation mit Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom - und dürfte auch den von Trumps Verbündeten Elon Musk geführten Elektroauto-Hersteller Tesla Geld kosten. Kalifornien zog gegen das Vorgehen von Trumps und seiner Republikaner sofort vor Gericht.
Im Techsektor konnte Softwareanbieter Adobe unterdessen bei Vorlage der neusten Quartalszahlen die KI-Sorgen der Anleger nicht wegwischen. Vor allem der Ausblick belastete. Die Erlöse dürften im dritten Geschäftsquartal zwischen 5,88 und 5,93 Milliarden US-Dollar (bis 5,18 Mrd Euro) liegen, hieß es vom Anbieter von Kreativsoftware am Donnerstagabend nach US-Börsenschluss in San Jose (Kalifornien). Analysten hatten bisher das untere Ende der Spanne auf dem Zettel.
Auch beim bereinigten Gewinn je Aktie zeigte sich der Konzern optimistischer als der Schnitt der Experten mit erwarteten 5,15 bis 5,20 Dollar. Die Adobe-Aktie zählt im frühen Handel mit Abschlägen von 6 Prozent zu den großen Verlierern an der Nasdaq.