Die Europäische Zentralbank plant, noch bis mindestens Dezember Wertpapiere im Umfang von 60 Milliarden Euro pro Monat anzukaufen, um damit die Wirtschaft anzukurbeln und die Inflationsrate nachhaltig nach oben zu treiben. An den Märkten wird darüber spekuliert, dass sie ab Januar 2018 damit beginnen wird, diese Summe abzuschmelzen und danach eine Abkehr von der Nullzinspolitik einzuleiten. Sie hält ihren Einlagensatz aktuell bei minus 0,4 Prozent. Geldhäuser müssen somit Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der EZB deponieren.
Auf ihrer geldpolitischen Sitzung im April hatten die Hüter des Euro bekräftigt, dass die Schlüsselzinsen weit über die Zeit des laufenden Anleihenkaufprogramms hinaus auf dem aktuell tiefen Niveau oder sogar noch niedriger liegen dürften. Ob es bereits im nächsten Monat zu einer Neufassung des Ausblicks kommen wird, wie manche Experten vermuten, ist jedoch offen.
VORSICHTIGE WÄHRUNGSHÜTER
Wie aus den Protokollen der jüngsten Ratssitzung hervorgeht, halten die Währungshüter bei der Änderung ihrer Kommunikation große Vorsicht für geboten. Bereits Nuancen könnten Signaleffekte haben, die womöglich als eine Veränderung der geldpolitischen Haltung interpretiert würden. Daher sollten solche Schritte nur "sehr langsam und vorsichtig" erfolgen. Experten spekulieren seit längerem, dass die EZB zumindest die Passage streichen könnte, in der ein noch niedrigeres Zinsniveau für die Zukunft nicht ausgeschlossen wird.
Dieses Thema wurde auf der April-Sitzung bereits angeschnitten: Einige Währungshüter halten den Rückgriff auf die Option einer noch lockereren Geldpolitik für die Zukunft für wohl "weniger wahrscheinlich". Sollte der Aufschwung anhalten und es weiter Fortschritte auf dem Weg zu stabilen Preisen geben, sei eine Anpassung der derzeitigen Fassung des Ausblicks zu erwägen.
Die Euro-Zone ist im ersten Quartal mehr als doppelt so schnell gewachsen wie die weltgrößte Volkswirtschaft USA. Das Bruttoinlandsprodukt stieg von Januar bis März erneut um 0,5 Prozent zum Vorquartal. Zudem ist die Inflationsrate zuletzt mit 1,9 Prozent bereits dicht an das Ziel der EZB von knapp unter zwei Prozent herangerückt. Laut Coeure hat die Notenbank mit ihrer ultralockeren Geldpolitik von Anfang an die Absicht verbunden, dass diese länderübergreifend Wirkung entfalte: "Das erleben wir jetzt gerade", sagte der Franzose.
rtr