Der Bitcoin-Boom geht in Deutschland und anderen westlichen Ländern immer noch an einem Großteil der traditionellen Finanzinvestoren vorbei. Viele nehmen den enormen Kursanstieg der vergangenen Wochen nicht so richtig wahr oder ernst. Eine Überhitzung am Markt oder gar eine Hysterie wie Ende 2017 ist derzeit (noch) nicht zu erkennen.
Philipp Sandner vom Frankfurt School Blockchain Center sieht in dieser Entwicklung schon Spaltpotenzial und fragt: "Wer investiert eigentlich in Bitcoin? Junge Leute werden Ihnen tendenziell sagen, ,ich‘, ältere Leute werden tendenziell sagen, ,nie und nimmer‘. Bitcoin scheint die Gesellschaft an der Demarkationslinie Digital Native versus Non Digital Native zu spalten." Dagegen ist das sogenannte Smart Money in diesem Jahr schon kräftig eingestiegen. Das geht von vermögenden Privatpersonen über Investmentfonds bis hin zu Großunternehmen, die Teile ihrer Cashreserven in Bitcoin angelegt haben.
Hysterie über die Feiertage?
Nach einem Bull Run wie in den vergangenen zwei Monaten schreit der Markt eigentlich nach einer Korrektur. Immerhin ist der Bitcoin seit Anfang Oktober schon um mehr als 130 Prozent gestiegen. Wie weit die derzeitige Dynamik reicht, ist sehr schwer zu prognostizieren. Aber wie im richtigen Leben wird natürlich auch beim Bitcoin die Luft beim Aufstieg dünner. Je schneller der Aufstieg, desto größer die Akklimatisierungsprobleme. Beim Bitcoin sind derzeit zwar noch keine Anzeichen einer Höhenkrankheit zu erkennen, allerdings merkt man im Freundes- und Bekanntenkreis zunehmend die Sensibilisierung für das Thema mit Nachfragen, ob man denn jetzt noch, und wenn ja, wo am besten Bitcoin kaufen kann.
Den Autor dieser Zeilen erinnert das ein bisschen an den Anfang der Hysterie um den Neuen Markt zur Jahrtausendwende. Auch in den traditionellen Medien kommt das Thema Bitcoin zwar verstärkt vor, ein Medienhype ist aber noch nicht entstanden. Ein Manfred Krug, der im Fernsehen den Bitcoin als Volksgeld anpreist wie einst die Deutsche Telekom als Volksaktie, war noch nicht zu sehen.
Der Lockdown in vielen Ländern, die damit verbundene Entschleunigung und größere Muße der Anleger, sich mit Geldanlagen zu befassen, könnte den aktuellen Kursauftrieb sogar noch einmal befeuern. Zumal wegen des 24/7-Handels auch an allen Feiertagen gekauft werden kann.
Es könnte also spannend werden zum Jahreswechsel. Vor drei Jahren brach vor den Weihnachtsfeiertagen eine regelrechte Hysterie aus - mit einem raketenartigen Anstieg und anschließendem Sturzflug. Es würde nicht verwundern, bräche sie diesmal über die Feiertage aus. Spätestens bei einem Überschreiten der Marke von 25 000 Dollar sollten Trader dann überlegen, ob sie einen Teil der Positionen glattstellen. Denn der parabolische Anstieg ist zuletzt in einen senkrechten Anstieg übergegangen, der eine kurzfristige Korrektur provoziert.
Langfristige Investoren bleiben einfach eisern dabei und warten darauf, dass sie ihre Positionen im Lauf des nächsten Jahres im Bereich zwischen 50 000 und 100 000 US-Dollar steuerfrei verkaufen können. Tradings könnten dagegen im neuen Jahr vor allem mit Altcoins interessant werden.