Ökonomen hatten 4,4 Prozent erwartet. Ein höheres Niveau gab es zuletzt im August 1993, als die vom Wiedervereinigungsboom angefachte Jahresteuerung sogar auf 4,6 Prozent kletterte. Im September 2021 lag sie noch bei 4,1 Prozent, im August bei 3,9 Prozent. "Der Anstieg der Inflationsrate ist noch nicht beendet, mindestens fünf Prozent für November sind längst keine Utopie mehr", sagte Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. "Die deutsche Inflationsrate kennt derzeit nur eine Richtung: nach oben", ergänzte VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel.

Grund für die Entwicklung sind statistische Sondereffekte rund um die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung im Corona-Jahr 2020. Für Preisdruck sorgen zudem die weltweit steigenden Preise für Energie und bestimmte Rohstoffe sowie Vorprodukte der Industrie. Größter Preistreiber war im Oktober erneut Energie: Sie kostete 18,6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Nahrungsmittel verteuerten sich um 4,4 Prozent, Dienstleistungen um 2,4 Prozent, darunter Wohnungsmieten um 1,4 Prozent.

MEHR INFLATION - TEURE WEIHNACHTSGESCHENKE


"Die Unternehmen sehen sich einer Kostenlawine gegenüber, weshalb die Inflation im November erneut deutlich zulegen dürfte, vielleicht sogar auf fünf Prozent", sagte Chefökonom Jörg Krämer von der Commerzbank. Wie andere Fachleute geht er davon aus, dass die Teuerung Anfang 2022 deutlich geringer wird. "Aber ich warne davor, die längerfristigen Inflationsrisiken kleinzureden", betonte Krämer. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte weiter große Teil der Haushaltsdefizite durch den Kauf von Staatsanleihen finanzieren, wodurch zu viel Geld in Umlauf gerate. Die Beschaffungsprobleme der deutschen Industrie treffen auch die deutschen Konsumenten, wie der Chefökonom von HQ Trust, Michael Heise, erläuterte. Denn die Lieferengpässe "werden für die Verbraucher gerade um Weihnachten in Form von höheren Preisen und langen Lieferzeiten sehr deutlich spürbar bleiben".

Rund 73 Prozent der Deutschen sehen die Inflationsentwicklung bereits kritisch, wie aus einer Umfrage des Deutsche Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) hervorgeht. Die anziehende Teuerung sei gefährlich, warnte DSGV-Präsident Helmut Schleweis. "Sie sollte nicht als vorübergehender Effekt nach der Corona-Krise verharmlost werden." Deshalb müsse die EZB im Dezember die Weichen für einen Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik stellen. Die Notenbanker um EZB-Präsidentin Christine Lagarde holten aber vorerst an ihrem Kurs fest. Der EZB-Rat bekräftigte am Donnerstag den Nullzins und bestätigte, dass sein 1,85 Billionen Euro schweres Corona-Notprogramm noch bis mindestens März 2022 laufen soll.

Zuletzt waren die Erzeuger- und Einfuhrpreise jeweils stark gestiegen und hatten eine ähnlich Entwicklung bei den Verbraucherpreisen signalisiert. Denn diese Daten gelten als Vorläufer für die allgemeine Inflation. So klettern die Preise deutscher Hersteller von Rekord zu Rekord - zuletzt stiegen sie im September um 14,2 Prozent und damit so stark wie seit fast 47 Jahren nicht mehr. Auch die deutschen Importe haben sich wegen deutlich höherer Preise für Öl, Gas und einige Lebensmittel wie Kaffee mit 17,7 Prozent so stark verteuert wie seit über 40 Jahren nicht.

rtr