Dies war bereits der vierte Rückgang in diesem Jahr. Ökonomen hatten hingegen einen Anstieg um 0,5 Prozent erwartet. Allerdings fiel das Minus im April mit 0,3 Prozent geringer aus als ursprünglich gemeldet. "Die Industrie tritt auf der Stelle", sagte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch. "Das ist nicht erfreulich, aber angesichts der Situation mit Berichten von Lieferengpässen in einigen Bereichen wiederum kein Beinbruch."

Das Ministerium begründete den Rückgang damit, dass es vor allem es im Autosektor wie zuletzt zu Versorgungsengpässen bei Halbleitern kam. "Der Ausblick für die Industriekonjunktur insgesamt bleibt aber positiv angesichts einer nach wie vor hohen Nachfrage sowie deutlicher Verbesserungen beim Geschäftsklima und den Exporterwartungen."

Fachleute sorgen sich um Folgeeffekte des Materialmangels. "Können Waren nicht geliefert werden, verzichtet so manches Unternehmen auf eine Bestellung", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Aber auch wegen der Lieferengpässe gestiegene Preise dürften die Bestellungen schmälern. "Weniger Aufträge bedeutet weniger Produktion in Zukunft", warnte Gitzel. "Aus diesem Blickwinkel wird der Mangel für die Konjunkturentwicklung zu einer ernstzunehmenden Gefahr."

Im Vergleich zum Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Corona-Einschränkungen, lag die Produktion um 5,0 Prozent niedriger. Die Industrieproduktion allein schrumpfte im Mai um 0,5 Prozent zum Vormonat. Beim Bau gab es einen Anstieg um 1,3 Prozent und die Energieerzeugung sank um 2,1 Prozent.

Die Industrie hat derzeit dick gefüllte Auftragsbücher, musste aber im Mai ein überraschendes Minus wegstecken. Die Betriebe sammelten wegen schwacher Auslandsnachfrage 3,7 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat. Es war der erste Rückgang in diesem Jahr und der stärkste seit April 2020. Dennoch bleiben die Produktionserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe laut dem Ifo-Institut im Juni auf hohem Niveau. Der monatliche Indikator der Münchner Wirtschaftsforscher dazu stieg von 26 Zählern auf 27 Punkte. "Lieferengpässe bei wichtigen Vorprodukten stehen derzeit einem kräftigeren Anstieg der Industrieproduktion entgegen", erklärte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Die Entwicklung sei je nach Branche recht unterschiedlich. "Am deutlichsten haben sich die Produktionsaussichten bei den Herstellern von Leder, Lederwaren und Schuhen verbessert." Den größten Rückgang gab es demnach in der Pharmaindustrie.

rtr