Auf den Bund allein entfallen dabei etwa 70 Milliarden Euro. Damit werden die Spielräume für Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kleiner, mit neuen Ausgaben für mehr Wirtschaftswachstum zu sorgen. Allerdings nimmt der deutsche Fiskus unter dem Strich weiterhin mehr ein als in den Vorjahren und kann mit neuen Rekorden kalkulieren. Im laufenden Jahr dürften die Steuern auf 794 Milliarden Euro steigen und bis 2024 stetig auf 908 Milliarden Euro klettern.

Die Entwicklung habe man beim Aufstellen der Haushaltseckwerte im März bereits weitgehend eingepreist, sagte Scholz. Deshalb kämen auf den Bund bis 2023 nur 10,5 Milliarden Euro niedrigere Einnahmen zu. Die von der großen Koalition geplanten Vorhaben könnten, weitgehend gelingen, "wenn wir zusammenarbeiten und nicht gegeneinander", betonte der SPD-Politiker. "Es werden sich alle etwas anstrengen müssen."

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte dem "Handelsblatt", Entlastungen bei der Körperschaftssteuer, beim Solidaritätszuschlag und bei den Energiepreisen seien möglich. Die Regierung und Finanzminister Scholz müssten nun klare Prioritäten setzen. "In den aktuellen Haushaltsplänen von Scholz wachsen die Sozialausgaben vier Mal stärker als der Gesamthaushalt", kritisierte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU, Wolfgang Steiger. Steuersenkungen sind allerdings umstritten in der Union. Der Unions-Fraktionsvize Andreas Jung sagte: "Die Summe der staatlichen Einnahmen ist die Obergrenze für Ausgaben. Sie darf weder mit Krediten noch mit Steuererhöhungen angehoben werden."

Kritik kam erwartungsgemäß von der Opposition. "Die Groko-Party ist zu Ende", sagte der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein. Es müsse Vorsorge für eine Wirtschaftskrise getroffen werden.

Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat seit Dienstag in Kiel getagt. Dem Gremium gehören Experten von Bund, Ländern und Gemeinden ebenso an wie Fachleute aus großen Wirtschaftsforschungsinstituten, der Bundesbank und des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ihre Schätzung ist die Basis für die Aufstellung aller öffentlichen Haushalte. Der Beirat beim Bundesfinanzministerium tagt zwei Mal im Jahr.

Die Konjunktur sorgt künftig für weniger Rückenwind. Die Bundesregierung halbierte zuletzt ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum und erwartet 2019 nur noch 0,5 Prozent, nach einem Plus von 1,4 Prozent im vergangenen Jahr. Scholz nannte als Gründe für das schwächeres Wachstum vor allem die von US-Präsident Donald Trump angefachten Handelskonflikte und die Brexit-Unsicherheit. Es handele sich um eine "Delle" und nicht um eine Krise. Deshalb müsse man keine zusätzlichen Maßnahmen ergreifen, so Scholz. Im nächsten Jahr dürfte es konjunkturell wieder kräftiger bergauf gehen.

rtr