Die Schulen sollen ab dem 4. Mai für die jeweiligen Abschlussklassen geöffnet werden können. Die Kontakt- und Reisebeschränkungen sollen aber bis zum 3. Mai aufrecht erhalten werden, wird in dem gemeinsamen Beschluss betont. "Wir haben nicht viele Spielräume", sagte Kanzlerin Angela Merkel. Sie warnte ebenso wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Hamburgs Regierender Bürgermeister Peter Tschentscher, die erzielten Erfolge bei der eingedämmten Ausbreitung des Virus dürften nicht durch eine zu schnelle Lockerung aufs Spiel gesetzt werden.

Die Beschlüsse sind die ersten gemeinsamen Schritte in Richtung Lockerung, nachdem sich Bund und Länder am 16. März zunächst auf eine Verschärfung der Kontaktregeln festgelegt hatten. Möglich wird der Schritt durch die neue Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI). Am Mittwoch meldete das RKI 2500 Neuinfektionen sowie die Rekordzahl von 4500 Genesenen. Damit gelten mehr als die Hälfte der rund 128.000 Infizierten in Deutschland als geheilt. Zudem ist die Infektionsrate - also wie viele andere Menschen ein Infizierter ansteckt - auf eins gesunken.

Merkel begrüßte die Entwicklung, wies aber mit Blick auf die Toten darauf hin, dass man sich auf einem ganz schmalen Pfad bewege. Steige die Infektionsrate nur leicht auf 1,1, wäre das deutsche Gesundheitssystem im Oktober an seiner Belastbarkeitsgrenze. Steige er auf 1,2, sei der Zeitpunkt bereits im Juli und bei 1,3 sogar schon im Juni gekommen. "Ich freue mich, dass wir weiter einen vorsichtigen Weg gehen und keine unkontrollierten Exitstrategien", sagte CSU-Chef Söder deshalb zu den Beratungen mit den Länderkollegen. Bayern wolle den beschlossenen Rahmen für Lockerungsschritte auch nicht komplett ausschöpfen. So würden die Geschäfte in Bayern erst später aufmachen, die zugelassene Größe sei geringer und die Schulen würden schrittweise erst nach dem 11. Mai öffnen. Söder begründete dies auch damit, dass der Süden stärker von Corona betroffen sei als der Norden. In Bayern gibt es die mit Abstand höchsten Infiziertenzahlen unter den 16 Bundesländern.

Dennoch lobten Merkel, Söder, Tschentscher und Finanzminister Olaf Scholz die große Geschlossenheit aller Länder. "Es darf kein falsches Vorpreschen geben, auch wenn die besten Absichten dahinterstehen", darin seien sich alle einig gewesen, sagte Merkel. Solange es keinen Impfstoff und kein Medikament gebe, müsse man sehr vorsichtig mit dem Virus leben.

Zu den 19 Beschlusspunkten zählt unter anderem, dass religiöse Feiern weiter untersagt bleiben. Großveranstaltungen werden bis zum 31. August verboten. Gaststätten müssen weiter geschlossen bleiben. Die Reise- und Kontaktbeschränkungen sollen bis zum 3. Mai verlängert werden. Die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin wollen am 30. April über das weitere Vorgehen beraten und dann sehen, ob die Infektionszahlen wieder gestiegen sind.

Das Tragen sogenannter Community-Masken im öffentlichen Nahverkehr und in Geschäften ist nach Angaben von Merkel ein "Gebot", aber keine Pflicht. Auf eine Tragepflicht wie in Österreich konnten sich die Ministerpräsidenten nicht einigen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sprach davon, dass eine Anordnung möglich sei, wenn von einer Verfügbarkeit von Masken für alle ausgegangen werden könne.

GESCHÄFTSLEBEN KOMMT WIEDER IN GANG


Vor allem die Wiedereröffnung von Geschäften gilt als wichtiger Schritt, um das Wirtschaftsleben in Deutschland wieder in Gang zu bringen. So dringen etwa die Autokonzerne auf die Wiedereröffnung von Verkaufsräumen. Die Kunst werde darin liegen, dass nicht nur die einzelnen Läden Hygiene-Konzepte entwickelten, sagte Merkel. Man müsse auch verhindern, dass die Innenstädte wieder so voll würden, dass etwa die Abstandsregeln nicht eingehalten werden könnten.

Die Arbeitgeber werden in dem Papier aufgefordert, dafür zu sorgen, dass ihre Beschäftigen sicher wieder arbeiten können. Die Wirtschaftsministerien von Bund und Ländern sollen zusammen mit dem Außen-, Innen- und Finanzministerium dafür sorgen, dass unterbrochene Lieferketten wieder in Gang kommen. Der BDI begrüßte die Beschlüsse von Bund und Ländern.

SCHULÖFFNUNGEN NUR SCHRITTWEISE


Merkel räumte ein, dass die Debatte über die Öffnungen von Schulen und Kindergärten das heikelste Thema für viele Menschen sei. Während Spielplätze und Kindergästen bis auf eine "Notbetreuung" geschlossen bleiben sollen, wollen die 16 Länder nun zunächst die Prüfungen von Abschlussklassen wieder zulassen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet kündigte an, dass dies bereits kommende Woche der Fall sein solle. Ab dem 4. Mai 2020 werden dann prioritär die Jahrgänge in Schulen wieder zugelassen, die sich auf Abschlüsse vorbereiten müssen. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg kündigten am Mittwoch bereits an, diesen Weg gehen zu wollen.

Das Datum und das Vorgehen bei Schulöffnungen war unter den 16 Bundesländern besonders umstritten, weil die Sommerferien wegen des Rotationsprinzips unterschiedlich liegen. In Bayern und Thüringen etwa, deren Ministerpräsidenten für ein langsames Vorgehen plädieren, beginnen die Sommerferien erst Ende Juli.

Für besonders von Corona betroffene Gebiete in Deutschland sollen weiter spezielle Einschränkungen gelten. Die Einführung einer Corona-App zur Nachverfolgung von Infektionen ist weiter vorgesehen. Die Zahl der Test auf Corona-Infektionen soll von derzeit 650.000 pro Woche deutlich gesteigert werden.

rtr