Es ist wieder so weit. In den USA beginnt die Berichtssaison, die Unternehmen veröffentlichen ihre Quartalszahlen. Und wie immer macht der Aluminiumkonzern Alcoa den Anfang. Oder besser: machte den Anfang. Am Montag wurden Umsatz- und Gewinnzahlen für das erste Quartal 2016 veröffentlicht. Und die waren schlecht. Zwar sank der Gewinn nicht ganz so schlimm wie befürchtet, aber mit dem Umsatz ging es deutlich stärker abwärts als erwartet. Da stellt sich natürlich die Frage: Sind die Alcoa-News ein Hinweis darauf, dass die ganze Berichtssaison eine Katastrophe wird? Wenn ja, dann steht uns einiges bevor.
Man rechnet ja schon mit zahlreichen Enttäuschungen. Die Analysten von Factset Research jedenfalls gehen davon aus, dass die Unternehmen, die im marktbreiten S & P-500-Index vertreten sind, im Schnitt wohl gute neun Prozent weniger verdienen werden. Das ist zwar nur eine Prognose, kommt es aber so, dann ist das schon eine Menge Holz. Und es wäre auch kein Ausreißer - die Börsianer müssten damit schon das dritte Quartal in Folge einen Gewinnrückgang hinnehmen.
Trotzdem muss das nun nicht der Start für weitere Kursrückgänge an der Börse New York sein - und in der Folge ebenso an den europäischen Marktplätzen. Denn auch im zurückliegenden Jahr war das nicht so. Im Gegenteil: Es hätte sich sogar ausgezahlt, gerade zu Beginn der jeweiligen Berichtssaison zu kaufen. Und das, obwohl bei zweien der Quartale Gewinnrückgänge vorhergesagt worden waren.
Einer der Gründe für das gute Abschneiden gerade während der Berichtssaison ist die generelle Tendenz, dass bei Vorlage der Zahlen die Erwartungen der Analysten übertroffen werden. Im vergangenen Jahr war es jedenfalls so, dass die tatsächlichen Gewinne die Prognosen im Schnitt um vier Prozent übertrafen. Dies relativiert den erwarteten Rückgang von neun Prozent natürlich. Dennoch: Rückgang ist Rückgang. Ohne Gewinne tut sich am Markt nichts. Eine echte und nachhaltige Erholung der Märkte braucht eben Gewinnsteigerungen. Was dem Markt in den kommenden Wochen also guttäte, wären optimistische Äußerungen der Unternehmen hinsichtlich des Ausblicks.
Das ist auch deswegen notwendig, weil die Aktionen der Notenbanken zuletzt nicht mehr besonders viel Eindruck gemacht haben. Fast scheint es so, als ob die Liquiditätsschwemme nichts mehr bewegen könnte. Stattdessen sind Fundamentaldaten jetzt das A und O. Von den Unternehmen etwa in Form positiver Ausblicke. Und ebenso auf der Makroebene, also in Form von Konjunkturindikatoren, die eine Wende zum Besseren andeuten. Die Stimmung am Markt lässt sich angesichts dieser Umstände als "verhalten" beschreiben. Es geht nicht recht vorwärts, aber auch nicht recht zurück. Immerhin ist von Panik wie zeitweise im Januar und Februar nichts zu spüren.
Um es noch einmal zusammenzufassen: Angefangen von den negativen Entwicklungen in China bis zur Zinswende der US-Notenbank und dem fallenden Ölpreis sprach doch seit Jahresanfang fast alles gegen ein Engagement am Aktienmarkt. Die Folge war der schwächste Jahresauftakt aller Zeiten. Gleichwohl müsste eben dadurch nun vieles bereinigt sein, vieles an negativen Erwartungen sollte jetzt in den Kursen enthalten sein. Die Erwartungen sind trotzdem eher gering. Der eine oder andere positive Ausblick eines US-Börsen-Schwergewichts könnte daher ganz überraschend für bessere Kurse sorgen.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com