Die ersten Monate des Jahres haben an den Aktienmärkten die Verluste von 2018 weitgehend ausgeglichen. Die konjunkturellen Daten und die zurückliegende Berichtssaison sprechen für ein solides Aktienjahr. Doch noch wichtiger als die Beurteilung der Rahmenbedingungen ist es, die lang anhaltenden gesellschaftlichen und technologischen Trends zu identifizieren.
Die Gesamtsituation ist zufriedenstellend: Nach dem miserablen Jahresende 2018 hat sich an den Märkten wieder ein Stück Hoffnung breitgemacht, auch wenn niemand himmelhoch jauchzt. Die Angst, dass die Notenbanken ihre Geldpolitik straffen und damit die Konjunktur abwürgen, hat sich nicht materialisiert. Dementsprechend ist die Sorge um eine Rezession aus dem Markt gewichen, unterstützt durch einige positive Frühindikatoren und stellenweise auch schon erste harte Daten, die Mut machen.
Auch der Blick auf die Unternehmen stimmt recht optimistisch. Die meisten konnten im ersten Quartal die Analystenprognosen hinsichtlich Umsatz und Gewinn übertreffen. In der Summe blicken wir auf eine solide Berichtssaison zurück. Für Aktieninvestoren wichtiger ist freilich die Frage, wie die Unternehmen die Weltwirtschaft und die Zukunft einschätzen. Da muss man festhalten: Die Ausblicke der Gesellschaften sind nicht mehr so positiv, wie sie das in weiten Teilen des Jahres 2018 noch waren. Im Vergleich mit den Jahren 2013 bis 2015 hingegen ist die Lage immer noch komfortabel. Upgrades und Downgrades halten sich mittlerweile eher die Waage, was für ein durchschnittliches Aktienjahr spricht.
Ein zweiter Schlüsselfaktor für den breiten Markt sind die Bewertungen. Der Blick auf die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) der großen Indizes zeigt: Hier ist noch Luft nach oben. Der S & P 500 in den USA beispielsweise ist noch etwa zehn Prozent von der Bewertungsspitze im Dezember 2018 entfernt, beim Stoxx Europe 600 sind es fast 20 Prozent, bis die Wertpapiere ihre Rekord- KGVs von April 2015 erreicht haben. Aktien scheinen insofern nicht schwindelerregend teuer zu sein.
So viel zum großen Bild. Ungeachtet dieser Kennziffern sollten Anleger eines beherzigen: Die Aktienkurse folgen letztlich immer den Gewinnen der Unternehmen. Gerade Privatinvestoren, die ihr Geld langfristig anlegen, sollten sich also von den täglichen Schlagzeilen, von schnellen konjunkturellen Trendwechseln oder politischen Risikofaktoren nicht zu sehr verunsichern lassen. Vielmehr lautet die zentrale Frage: Wer wird in den kommenden Monaten und Jahren die höchsten Gewinnsteigerungen haben? In der Regel landet man dann relativ schnell bei den großen und entscheidenden Trends unserer Zeit.
Überdurchschnittlich an der Börse abschneiden
Signifikant ist der demografische Wandel, dementsprechend steigt der Bedarf an bestimmten medizinischen Produkten wie künstlichen Hüft- und Kniegelenken. Wer diese herstellt, dabei nachhaltig profitabel und gut gemanagt ist, dessen Aktien sollten auch überdurchschnittlich an der Börse abschneiden. Das Gleiche gilt für den Bereich Automatisierung. Unternehmen, die intelligente Roboter etwa für das Segment Industrie 4.0 produzieren, können sich in den kommenden Jahren voraussichtlich kaum über mangelnde Nachfrage beklagen.
Weitere Megatrends betreffen die Veränderungen in den Mobilitätsgewohnheiten, also etwa der Trend zur Elektromobilität, zum vernetzten und dem autonomen Fahren. Und Luxusgüter mit erstklassigem Renommee profitieren von dem gesellschaftlichen Wunsch nach einem höheren und sichtbaren Status, der mit den aufstrebenden Mittel- und Oberschichten in den Schwellenländern einhergeht.
Ein Mangel an aussichtsreichen Investmentideen besteht also keineswegs. Aber in einer wechselhaften Zeit ist es essenziell, die langlebigen Trends zu identifizieren und darauf aufbauend ein Portfolio mit wirklich aussichtsreichen Aktien zu formen. Und: Der Wandel macht auch einige Geschäftsmodelle obsolet, etwa im Bereich der Automobilzulieferer oder der Chemie. Deren Aktien zu identifizieren und konsequent zu meiden, ist nicht minder wichtig.
Kurzvita
Benjardin Gärtner
Leiter Portfoliomanagement Aktien bei Union Investment
Der gelernte Bank-
und Diplomkaufmann Gärtner ist Mitglied
des Union Investment Committee, das die Kapitalmarktstrategie für die taktische Steuerung der Fonds durch die einzelnen Portfoliomanager erarbeitet.
Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und mit aktuell rund 330 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen einer der größten deutschen Vermögensverwalter für private und institutionelle Anleger.