Die Aktienmärkte bleiben unter Druck. Der breite amerikanische Aktienindex S & P 500 verlor allein am Mittwoch vier Prozent. Das war der stärkste Rückgang seit Juni 2020. Der vor allem von Technologiewerten bestimmte Nasdaq 100 verlor sogar etwas über fünf Prozent. Hoffnungen auf eine Trendwende nach bereits zuvor deutlichen Kursverlusten haben damit erneut einen Dämpfer erhalten.

Analysten verweisen auf unerwartet schlechte Quartals­ergebnisse aus dem amerikanischen Einzelhandel. Dieser ist ein wichtiger Indikator für die Stimmung der Konsumenten und damit Wegweiser für die Gesamtwirtschaft. Die Aktie der Einzelhandelskette Target brach sogar um 25 Prozent ein und verzeichnete damit den größten Tagesverlust seit dem Schwarzen Montag des Jahres 1987. Target verfehlte mit seinem Quartalsgewinn selbst die niedrigste Analystenschätzung.

Auch der Branchenriese Walmart meldete schlechte Ergebnisse und kürzte wegen steigender Kosten für Waren, Transport und Löhne seine Gewinnprognose. "Bei ­Lebensmitteln sehen wir zwei­stellige Inflationsraten, und ich bin besorgt, dass sie weiter steigen könnten", warnte Konzernchef Doug McMillon.

Die Enttäuschung bei Target und Walmart drückte insbesondere die Aktien aus dem Handelssektor, darunter auch Amazon. Steigende Preise für Lebensmittel schwächen die Kaufkraft der Konsumenten, die weniger Geld für andere Ausgaben übrig haben. Das erhöht die Gefahr, dass die Gesamtwirtschaft in eine Rezession rutscht.

Auch aus dem Technologiesektor gab es schlechte Nachrichten. Der Netzwerkausrüster Cisco Systems kürzte wegen des Covid-Lockdowns in China und Problemen in den Lieferketten seine Prognose.

Verhalten optimistisch sieht derweil die Investmentbank Goldman Sachs die Lage. Eine Rezession sei nicht unvermeidlich, urteilt Stratege David Kostin. Nach seinen Daten preisen die Aktienmärkte derzeit ein größeres Rezessionsrisiko ein, als es makroökonomische Indikatoren wie der Einkaufsmanagerindex signalisieren.

Tiefpunkt in Sicht


Statistisch haben die Aktienmärkte bereits einen erheblichen Teil des Risikos verarbeitet. In zwölf Rezessionen seit dem Zweiten Weltkrieg hat der S & P 500 nach Kostins Berechnung im Median 24 Prozent an Wert verloren, im Durchschnitt 30 Prozent. Das würde, übertragen auf die Gegenwart, auf einen Kursrutsch des Index auf 3650 beziehungsweise 3360 Punkte hinauslaufen. Am Mittwoch schloss der S & P 500 bei einem Stand von 3924 Punkten.

Trotz schwieriger makroökonomischer Lage und spektakulärer Enttäuschungen einzelner Unternehmen ist die Berichtssaison zum ersten Quartal alles in allem solide verlaufen. Laut Datenbank des Finanzdienstes Refinitiv hatten zuletzt 78 Prozent der Mitglieder des S & P 500 die Gewinnerwartung der Analysten übertroffen. Zum Vergleich: Im langjährigen Schnitt liegt die Überraschungsquote bei 66 Prozent. In den vorangegangenen vier Quartalen überraschten 83 Prozent positiv.

Auch in Deutschland waren die Meldungen aus den Unternehmen überwiegend positiv. Im ersten Quartal kletterte der Umsatz der DAX-Mitglieder um insgesamt 14 Prozent, der operative Gewinn sogar um 21 Prozent, hat die Beratungsgesellschaft EY errechnet. Wichtigster Umsatzmotor war dabei das US-Geschäft mit einem Plus von 19 Prozent.Die kommenden Monate dürften allerdings sehr herausfordernd bleiben, warnten die Berater von EY: "Lockdowns in China, die schwächelnde Konjunktur in Europa und die Umbaumaßnahmen in der Energieversorgung sind nur einige von vielen Risiken, mit denen die Wirtschaft konfrontiert ist."