Inkasso: Eine Mahnung im Briefkasten? Das kann richtig teuer werden, vor allem aber kostet es jede Menge Nerven. BÖRSE ONLINE erklärt, wie Betroffene am besten reagieren. Von Maren Lohrer



Vor dem Landgericht Frankfurt wird aktuell ein Fall verhandelt, der ein Schlaglicht auf die Inkassobranche wirft: Ein Paar aus Südosteuropa nahm rund 550 000 Euro mit unberechtigten Mahnschreiben ein. Meist ging es um Beträge unter 150 Euro, die die Empfänger der Briefe bezahlen sollten. Viele fühlten sich unter Druck gesetzt, zahlten aus Angst.

Knapp sechs Millionen Menschen haben schon einmal eine Inkassoforderung erhalten, ging aus einer Forsa-Umfrage für Deutschland hervor. Oftmals fühlen sich Empfänger zur Zahlung genötigt - obwohl laut Umfrage 65 Prozent der Betroffenen die Forderung als unberechtigt ansehen.

"Inkassoschreiben sind in jedem Fall ernst zu nehmen - egal ob sie berechtigt oder unberechtigt sind", bekräftigt Birgit Vorberg von der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Sie empfiehlt den Betroffenen, diese Schreiben auf jeden Fall sehr gründlich zu prüfen. Doch worauf müssen Empfänger achten, und was dürfen Inkassofirmen eigentlich?

Inkassofirmen dürfen Schuldner zur Zahlung auffordern, falls die Forderung unbestritten ist. Erhebt der Kunde einen Einwand, so ist der Streit zwischen Kunde und Gläubiger womöglich gerichtlich zu klären. Hierbei sind Inkassofirmen außen vor. Zur Zahlung auffordern - neben schriftlichem ist damit auch telefonisches Inkasso gemeint. Letzteres ist für Schuldner oftmals besonders unangenehm, aber rechtens.

Auch Hausbesuche sind erlaubt. Doch die Inkassomitarbeiter dürfen nur zum Ausgleich der Schulden auffordern, mehr nicht. Mancher Schuldner ist womöglich in Sorge, dass kräftige Männer ihm vor der Tür auflauern, die sofort Bargeld mitnehmen wollen. Aber Inkassomitarbeiter dürfen die Wohnung nur betreten, wenn der Schuldner sie hereinlässt. Sie dürfen auch keine Wertgegenstände oder Bargeld mitnehmen. "Der Aufbau von Drohkulissen ist leider ständige Praxis vieler Inkassounternehmen", so Vorberg. Der Grund: Die Firmen verdienen meist nur im Erfolgsfall Geld.

Bis zu einem gewissen Grad ist so etwas auch erlaubt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt. Die Drohung mit rechtlichen Schritten und Zwangsvollstreckung seien im Rahmen einer Zahlungsaufforderung zulässige Druckmittel, so der BGH. Allerdings darf nicht suggeriert werden, dass der Betroffene dem Zahlungsbegehren schutzlos ausgeliefert ist.

Übrigens: Nur wer offiziell registriert ist, darf Inkasso betreiben. Schuldner können dies im Web unter www.rechtsdienstleistungsregister.de einsehen. Ist aus dem Schreiben eines registrierten Dienstleisters unter Angabe der Registrierungsstelle eindeutig zu erkennen, um welche Forderung es geht, wie hoch die Zinsen und Gebühren sind, spricht einiges dafür, dass die Forderung berechtigt ist.

"Wie in Wildwest"



Dennoch beschweren sich Verbraucher oftmals auch bei berechtigtem Anliegen - und zwar über die hohen Inkassokosten. "Insbesondere beim Eintreiben von Bagatellforderungen geht’s bei den Inkassobüros zu wie in Wildwest", weiß Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Die Verbraucherschützer haben bereits Aufsichtsbeschwerden und Klagen gegen etliche Inkassounternehmen wegen überhöhter Entgelte, Drohinkasso sowie doppeltem Abkassieren eingeleitet.

Die Kosten, die beim Auftragsinkasso entstehen, hat der Schuldner zu begleichen. Als Maßstab gilt, was ein Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnen könnte. Die anwaltlichen Gebühren errechnen sich unter anderem aus dem Streitwert, also dem geforderten Betrag, sowie Umfang und Schwierigkeit. Für durchschnittliche Fälle kann ein Anwalt eine 1,3-fache Gebühr berechnen. Für eine Forderung von 500 Euro wird so eine Gebühr von 58,50 Euro fällig. Hinzu kommen die Auslagen und gegebenenfalls die Mehrwertsteuer.

Liegt ein Forderungskauf vor, so ist das Inkassobüro der neue Gläubiger. Man spricht dann nicht mehr von Auftrags-, sondern von Eigeninkasso. Die Inkassokosten können dem Schuldner dann nicht berechnet werden.

Wer nun der Meinung ist, dass die Kosten bei einer Forderung zu hoch sind oder dass das Inkassobüro unzulässig droht, sollte professionellen Rat bei einer Schuldnerberatung, Verbraucherzentrale oder einem Rechtsanwalt einholen. Das gilt erst recht, wenn die Forderung wohl zu Unrecht erhoben wird.