Der Blick auf den Aktienkurs von Coinbase dürfte Brian Armstrong momentan wenig Freude machen. Als Unternehmenschef der US-amerikanischen Handelsplattform für Kryptowährungen hält er nach Angaben des "Forbes"-Magazins rund ein Fünftel der Anteile. Die seit Wochen andauernde Schwäche bei Kryptowährungen, die jüngst in einen Crash mündete, belastete den Kurs der Coinbase-Papiere und damit das Vermögen Armstrongs. Von ihren Höchstständen hat sich die Aktie inzwischen etwa 80 Prozent entfernt. Das spürt auch Armstrong. Verfügte er im November letzten Jahres noch über ein Vermögen in zweistelliger Milliardenhöhe, ist dieses nach Bloomberg-Informationen inzwischen auf 2,7 Milliarden Dollar geschmolzen.

Neben Milliardären trafen die extremen Turbulenzen auch viele Kleinanleger. Cyber-Devisen wie der Bitcoin hatten zuletzt bereits geschwächelt, seit Monatsbeginn verlor der Kurs deutlich. In der vergangenen Woche brachen die Kurse zahlreicher Cyber-Devisen dann drastisch ein. Einer Meldung des Nachrichtenportals Bloomberg zufolge wurden am Markt für Kryptowährungen so innerhalb eines einzigen Tages rund 200 Milliarden Dollar an Wert vernichtet. Dies entspricht etwa der Marktkapitalisierung des Ölgiganten Shell.

Das Umfeld für Kryptowährungen hatte sich bereits in den Wochen zuvor eingetrübt. Besonders aufgrund des Krieges in der Ukraine und der steigenden Zinsen zogen Anleger ihr Geld aus risikoreicheren Anlageklassen ab, zu denen auch die Cyber-Devisen zählen. Auslöser für den jüngsten Kurseinbruch zahlreicher Kryptowährungen war der Stablecoin TerraUSD. Ein Stablecoin gilt seiner Bezeichnung nach als sehr stabil, da er an eine Fiatwährung, eine staatlich unterstützte und als Zahlungsmittel zugelassene Währung, gekoppelt ist. Stablecoins sind beispielsweise im Verhältnis eins zu eins an den US-Dollar geknüpft und sollten entsprechend kaum schwanken. Bei TerraUSD sah es anders aus: Statt US-Dollar tauscht man TerraUSD gegen die Kryptowährung Luna. Verkauft der Anleger also einen TerraUSD, erhält er Luna in Wert von einem US-Dollar und umgekehrt.

Dieses System funktionierte eine Zeitlang gut, doch jüngst brach TerraUSD massiv im Wert ein und entfernte sich deutlich von seinem angestrebten Verhältnis zum Dollar. Entsprechend mussten immer mehr Luna-Coins ausbezahlt werden, wodurch der Kurs dieser Kryptowährung kollabierte. Bezahlte man Anfang Mai noch rund 80 Euro für eine Einheit der Währung, ist diese heute fast wertlos. Berichten zufolge veräußerte die Organisation hinter TerraUSD und Luna, die Luna Foundation Guard (LFG), Bitcoins für mehr als eine Milliarde Dollar. Damit wollte LFG wohl für Liquidität bei den eigenen Projekten sorgen, drückte aber zugleich auch den Kurs der größten Kryptowährung. Dass unter den naturgemäß volatilen Cyber-Devisen ausgerechnet ein Stablecoin für enorme Turbulenzen sorgt, belastete das Vertrauen der Anleger in Digitalwährungen. Sie trennten sich in Massen von ihren Investments.

Große Vertrauenskrise

Die Idee, dass Kryptos wie der Bitcoin gar als Ersatz für Gold dienen können, haben die vergangenen Wochen gründlich widerlegt. Der Kurssturz bei TerraUSD beschleunigte einen andauernden Wertverlust bei Cyber-Devisen. Wie Gold galt der Bitcoin als Mittel gegen die Inflation, auch weil seine Menge begrenzt ist: Höchstens 21 Millionen Bitcoins können "geschürft" werden. Daten des Statistikportals Statista zufolge sind davon bereits 19 Millionen im Umlauf. Dass der Bitcoin knapp ist, hat ihm jedoch zuletzt nicht geholfen: Weder das Kriegsgeschehen in Osteuropa noch das ökonomische Umfeld mit hoher Inflation und angehobenen Zinsen ließen Anleger in den Bitcoin flüchten. Stattdessen zogen sie ihre Investments aus risikoreichen Anlageklassen ab und schichteten in defensivere Aktien, Anleihen oder eben Gold um. Kryptowährungen dagegen bewegten sich im Abwärtstrend mit Aktien von Unternehmen aus dem Technologiesektor und untermauerten ihre Korrelation zu Techwerten.

Vergleicht man die prozentualen Veränderungen der beiden wichtigsten Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum mit dem technologielastigen Aktienindex Nasdaq Composite in den letzten sechs Monaten, so fällt auf: Zum einen entwickelten sich Bitcoin und Ethereum in der Zeit sehr ähnlich. Zum anderen machen die Kursverläufe die Korrelation der Kryptowährungen zu Aktien aus dem Technologiesektor deutlich. Büßten die Aktien ein, verloren auch die Cyber-Devisen, erholten sich die Aktien, legten auch Kryptowährungen zu. Die Kursentwicklung bei Bitcoin und Ethereum lag jedoch permanent unter der des Aktienindex, zudem fielen Ausschläge nach oben oder unten stärker aus.

Interesse der Institutionellen

Sollte man Bitcoin, Ethereum, Dogecoin und anderen Kryptowährungen also nun den Rücken kehren? Nicht, wenn es nach Analyst Sören Hettler von der DZ Bank geht. Er verweist zwar auf die eingetrübten Rahmenbedingungen wie die globale Geldpolitik und Risikoaversion an den Märkten. Gleichwohl stimmen ihn die überzeugte Fangemeinde und Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell auf Bitcoin aufbauen, optimistisch. Er bezweifle, dass sich institutionelle Anleger infolge der Kurseinbrüche komplett aus Cyber-Devisen verabschieden: "Sollten sich die Rahmenbedingungen wieder zugunsten des Bitcoin a¨ndern, du¨rften sie kein Problem damit haben, die Kryptowa¨hrung wieder versta¨rkt in ihr Portfolio zu integrieren."

Wie ein solcher Umgang institutioneller Marktteilnehmer aussehen kann, zeigte jüngst Goldman Sachs. Trotz großer Volatilität und zuletzt schwacher Performance beim Bitcoin kündigte die US-Investmentbank als erstes großes Wall-Street-Haus einen mit Bitcoin besicherten Kredit an. Die bedeutendste Cyber-Devise wird dabei als Sicherheit für einen Barkredit verwendet. Einem Bericht des Nachrichtenportals Bloomberg zufolge handelt es sich beim Kreditnehmer um Coinbase. Die Kryptoplattform unternehme damit einen weiteren Versuch, Geld von der Wall Street in die Welt der digitalen Vermögenswerte zu bringen. Zur genauen Höhe des Kredits gibt es keine Angabe.

Kollateraleffekt bei Kryptofirmen

Während sich Finanzinstitute langsam für den Umgang mit Cyber-Devisen öffnen, engagieren sich einige Unternehmen bereits in Kryptowährungen. Sie und ihre Aktionäre sind so von Schwankungen bei Bitcoin, Ethereum und anderen betroffen. So verlor beispielsweise die Aktie der Kryptobörse Coinbase am Tag des Crashs bei Cyber-Devisen mehr als ein Viertel im Wert. Hinzu kam hier noch, dass das Unternehmen tags zuvor schwächere Zahlen als vom Markt erwartet vorgelegt hatte. Auch bei MicroStrategy gaben die Papiere deutlich ab. Das Softwareunternehmen wies für das Ende März beendete Quartal einen Bestand von mehr als 129.000 Bitcoin mit einem damaligen Wert von 2,9 Milliarden Dollar in den Bilanzen aus. Die Amerikaner gehören damit zu den Unternehmen, die am stärksten in Cyber-Devisen investieren.

Dies sorgt dafür, dass die Aktie stark an Kursentwicklungen von Cyber-Devisen hängt: Als der Bitcoin nach dem Einbruch zur Erholung ansetzte, legten die Aktien des Unternehmens zweistellig zu. Ähnlich lief es bei den Anteilen von Coinbase. In der Erholung bei Kryptowährungen zog die Aktie wieder an. Somit kann auch Brian Armstrong hoffen, einen Teil seiner Milliardenverluste wieder reinzuholen. Dann sollte er auch wieder mit mehr Freude auf den Aktienkurs seines Unternehmens schauen können.

Besteuerung geklärt:


Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun mit einem neuen Schreiben verbindlich geregelt, wie Gewinne aus Krypto-Investments zu versteuern sind (Gz. IV C 1 - S 2256/19/10003 :001). Grundsa¨tzlich gilt für alle mit Kryptowa¨hrungen erzielten Gewinne eine Spekulationsfrist von einem Jahr. Steuerrechtlich werden Kryptoanlagen damit als "anderes Wirtschaftsgut" eingestuft. Wer Coins nach Ablauf dieser Haltedauer verkauft, kassiert Gewinne steuerfrei. Bei Vera¨ußerung innerhalb von zwo¨lf Monaten gilt fu¨r Gewinne die Steuerfreigrenze fu¨r private Vera¨ußerungsgescha¨fte (600 Euro). Ist der so realisierte Gewinn aber nur einen Euro höher, wird auf den gesamten Wertzuwachs der perso¨nliche Steuersatz (14 bis 42 Prozent, abha¨ngig vom zu versteuernden Einkommen) fa¨llig.

Wer Bitcoin in andere Kryptowa¨hrungen tauscht oder eine Ware damit bezahlt, lo¨st ein "steuerliches Ereignis" aus. Diese Transaktionen fallen in die Kategorie "private Vera¨ußerungsgescha¨fte". Die noch im Entwurf des BMF-Schreibens vorgesehene Verlängerung der Spekulationsfrist von einem auf zehn Jahre bei der Nutzung von Kryptowährungen zum Staking und Lending wird nicht umgesetzt. Entsprechende Probleme ko¨nnen auch Krypto-Sparpla¨ne betreffen, die mit Indizes aus mehreren Digitalwa¨hrungen arbeiten. Da sich deren Zusammensetzung sta¨ndig a¨ndert, mu¨ssen Anleger nachweisen, wie lange einzelne Wa¨hrungen im Portfolio waren, um steuerlich korrekt zu bleiben. Das Anlagerisiko sinkt, fu¨r die Steuererkla¨rung wird es aber komplizierter und fu¨r Anleger aufwendiger zu dokumentieren. Anschaffungsvorga¨nge sollten penibel festgehalten werden.

Zur fiskalischen Gewinnberechnung von Krypto- Investments ist der Anschaffungspreis vom Vera¨ußerungspreis abzuziehen. Dafür haben Anleger zwei Mo¨glichkeiten: Bei der FIFO-Methode ("First in - first out") gelten zuerst gekaufte Coins auch als Erste wieder als vera¨ußert. Neu ist, dass auch die Durchschnittsmethode zulässig ist. Die Gewinnermittlung erfolgt anhand des Durchschnittspreises, zum Beispiel aller angeschafften Bitcoin. Solange Investoren keinen Steuerbescheid vom Finanzamt erhalten oder eine Steuererklärung abgegeben haben, können sie sich auf die einjährige Haltefrist berufen.

INVESTOR-INFO

Coinbase

Plattform mit Risiko

Als Handelsplattform für Kryptos profitiert Coinbase von steigenden und sinkenden Kursen, solange das Handelsvolumen stimmt. Dieses und auch die Umsätze sind im ersten Quartal jedoch gesunken. Coinbase ist im wachsenden Kryptomarkt gut positioniert, bietet eine Vielzahl an Coins und auch NFTs. Jüngst hatte das Unternehmen mit der Aussage aufhorchen lassen, im Fall einer Pleite könnten Anlagen von Kunden Teil der Insolvenzmasse werden. Auf aktuellem Niveau für sehr risikobereite Anleger eine Wette wert.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 80,00 Euro
Stoppkurs: 50,00 Euro

Microstrategy

Bestand an Bitcoin

Das Unternehmen hält fast 130.000 Bitcoin zum durchschnittlichen Kaufkurs von 30.700 Dollar. Die Position macht die Aktie stark vom Verlauf des Kryptomarkts abhängig. Die Bitcoin-Bestände decken trotz Wertverlusts noch immer einen Großteil der Marktkapitalisierung ab. Allerdings hat sich MicroStrategy stark verschuldet, unter anderem für den Kauf von Bitcoin. Bei einer Erholung des Bitcoin bietet die riskante Strategie gehebelte Chancen. Nur für sehr Mutige.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 250,00 Euro
Stoppkurs: 170,00 Euro

Vaneck Bitcoin ETN

Chance zum Einstieg

Das Produkt von VanEck bietet einen indirekten Einstieg in den Bitcoin für Anleger ohne eigenes Wallet und bildet die Kursentwicklung der Kryptowährung näherungsweise ab. Als wichtigste Cyber-Devise sollte der Bitcoin von einer Erholung im Kryptomarkt profitieren. Die langfristigen Perspektiven sind gut, Unternehmen und Institutionen setzen bei Kryptowährungen primär auf den Bitcoin. Mutige nutzen das Produkt von VanEck für einen indirekten (Nach-)Kauf beim Bitcoin.