Dividendenaktien und -ETFs stehen oftmals im Verruf, steuerlich suboptimal für deutsche Anleger zu sein und gelten gerade deswegen für Tech-Investoren als uninvestierbar. Doch es gibt mehrere Gründe, warum Dividenden gerade für junge Anleger einen Blick wert sein dürften. Von Johann Werther
Der erste Grund, warum viele Menschen vielleicht etwas öfter einen Blick auf Value- oder Dividendenaktien werfen sollten, ist die konservative Ausrichtung der Unternehmen. Selbstverständlich hätte in den letzten Jahren niemand auch nur einen Gedanken daran verschwendet, da die großen Tech-Indizes immer weiter und weiter nach oben schossen. Allerdings lehrt uns alle diese Krise aktuell, wie wichtig doch Preissetzungsmacht, Marktstellung und wahre Größe ist.
Denn gerade jetzt liegen viele Tech-Anleger mit 30 oder mehr Prozent unter Wasser, während Anleger beispielsweise mit einem MSCI World Value auf Sicht eines Jahres keinen einzigen Cent verloren hätten. Deswegen ist gerade die Beschäftigung mit Dividendentiteln der erste Schritt für viele Menschen zu einem ausgeglichenen Portfolio.
Dividenden und Steuern
Ein Argument, welches allerdings immer wieder gegen Dividendenaktien ins Feld geführt wird, ist die steuerliche Seite. Da es in Deutschland keinen 401K Plan oder Ähnliches gibt, müssen Anleger ab nächstes Jahr auf den 1001. durch Dividenden und Kursgewinne verdienten Euro 27 Prozent Steuern zahlen.
Dies ist alles andere als kapitaleffizient möchte man meinen und eine Kurs-Gewinn-Strategie mag hier aufgrund des thesaurierenden Effektes von Unternehmen besser erscheinen, doch dem muss nicht unbedingt so sein. Immerhin bringt Geld bekanntlich auch immer Opportunitätskosten, die natürlich wesentlich geringer sind, wenn mir das Unternehmen jedes Jahr eine Ausschüttung zur freien Verfügung zahlt.
Dies soll zwar nicht aussagen, dass eine Ausschüttungsstrategie das Nonplusultra der Geldanlage ist, doch Kursgewinn- und Ausschüttungsstrategie als gleichwertig angesehen werden können und Investoren sich hier den persönlich besten fit heraussuchen dürfen.
Sind Dividenden schlecht für die Unternehmen?
Denkt man das Thema der Steuern und des Thesaurierens etwas weiter, so kommt man schnell zu dem Gefühl, dass Dividenden schlecht für Unternehmen sind. Denn gerade in den letzten Jahren gab es einige Unternehmen, welche mehr ausschütteten, als sie an Gewinn erwirtschaftet haben und diese Dividenden vermeintlich aus der Substanz zahlten, obwohl es vielleicht im eigenen Unternehmen besser aufgehoben gewesen wäre.
Hierbei müssen Investoren allerdings verstehen, dass erstens der Gewinn eine bilanzielle Größe ist, die zur Steuerreduzierung deutlich kleiner gehalten werden kann, als sie tatsächlich ist. Aus diesem Grund ist nicht die Ausschüttung-zu-Gewinn-Ratio entscheidend, sondern jene, welche Gewinn durch Free Cashflow ersetzt.
Außerdem stimmt die These, dass es besser ist für Unternehmen ihre Gewinne zu thesaurieren, nur bedingt. Grund dafür können vielerlei Dinge sein. Ein klassisches Beispiel sind Infrastrukturunternehmen, welche eben nur eine gewisse Anzahl an Straßen bauen und eben nicht durch mehr Geld unendlich wachsen können.
Ein weiterer Vorteil ergibt sich für Anleger, denn diese können frei über das freiwerdende Kapital entscheiden und müssen sich nicht ständig darum sorgen, ob das jeweilige Unternehmen für sie ihre Gewinne richtig investiert.
Dividenden sind gut gegen Kursverluste
Der letzte Punkt und vielleicht der wichtigste für neue Anleger am Markt ist das Thema Motivation. Anders als Kursgewinne, die durch die Verkündung von Inflationszahlen auch mal rasch wieder weg sein können, erfolgen Dividenden ständig und haben sowohl Anreiz- als auch Belohnungseffekte.
Gerade in Zeiten der roten Kurse können sich Anleger sehr über Dividenden freuen, da diesen einen Gewinn unabhängig vom Geschehen an den Märkten darstellen und dazu noch ein gewisses Suchtpotenzial haben. Viele Anleger rechnen sich nach den ersten Cent Dividende bald hoch, wie viel zu investieren ist, um die ersten Verträge oder Abos zu bezahlen. Schnell gerät man so in eine Schiene, die nicht nur dem Portfolio, sondern dem eigenen Haushaltsbuch auch guttut.
Fazit
Aus diesen Gründen sollten gerade Titel mit Ausschüttung nicht direkt verteufelt werden, sondern auch die Vorteile eines solchen Investments geprüft und validiert werden. Wer sein Portfolio in Zukunft stabiler und schwankungsarmer gestalten will, der kann auch einmal solide Value-Titel in Betracht ziehen und sich vielleicht bald über die ersten Dividenden freuen.