"Und falls das geschieht, bräuchten wir eine viel stärker konjunkturfördernde Politik, um das zu ändern. Aus dieser Perspektive betrachtet ist das Risiko, zu spät zu handeln, größer als die Gefahr eines zu frühen Handelns."
Während die Europäische Zentralbank (EZB) als idealen Wert für die Wirtschaft mittelfristig knapp zwei Prozent Inflation anpeilt, waren im Januar die Preise im Zuge des Ölpreis-Verfalls lediglich um 0,4 Prozent gestiegen. Für das Gesamtjahr 2016 hat die Notenbank noch im Dezember eine Inflationsrate von 1,0 Prozent veranschlagt. Diese Prognose wackelt inzwischen aber erheblich. Wird sie im März kassiert, wenn zur EZB-Zinssitzung neue Inflationsprognosen der Notenbank-Experten vorliegen, würde dies Befürwortern einer noch lockereren Geldpolitik weitere Argumente liefern.
Draghi hatte erst Montag vor dem Europäischen Parlament in Straßburg gesagt, ohne die EZB-Politik mit ihren milliardenschweren Anleihenkäufen wäre die Euro-Zone 2015 in eine Deflation gerutscht - eine gefährliche Spirale aus fallenden Preisen, rückläufigen Löhnen und stockenden Investitionen.
Zentralbanken haben dem EZB-Präsidenten zufolge trotz aller Probleme die nötigen geldpolitischen Instrumente an der Hand. So sei inzwischen auch klar, dass es für die Währungshüter bei den Schlüsselzinsen keine Untergrenze bei null Prozent gebe. Im Euro-Raum liegt der Leitzins schon seit September 2014 auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent, der sogenannte Einlagensatz aber bei minus 0,3 Prozent. Geschäftsbanken müssen also Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Es wird damit gerechnet, dass die EZB im März den Einlagensatz weiter senkt.
Unterdessen geht die EZB in ihrem jüngsten Wirtschaftsbericht davon aus, dass die Inflationsrate in den 19 Euro-Ländern niedrig bleiben wird. Sie könne sogar in den nächsten Monaten unter die Nulllinie fallen. Erst im späteren Jahresverlauf 2016 werde die Teuerungsrate wieder anziehen.
Reuters