Die EZB geht damit einen anderen Wege als die US-Notenbank. Denn dort deutet derzeit alles darauf hin, dass Fed-Chefin Janet Yellen Mitte Dezember erstmals seit fast zehn Jahren die Leitzinsen anheben wird. Bundesbank-Chef Jens Weidmann trug die Entscheidung des Rats offenbar nicht mit.

Der Dax rutschte in Frankfurt zeitweise um 3,7 Prozent auf 10.781 Zähler ab und markierte damit den tiefsten Stand seit zweieinhalb Wochen. Der Euro kletterte hingegen um bis zu 2,6 Prozent auf ein Vier-Wochen-Hoch von 1,0890 Dollar.

"Wir machen mehr, weil es wirkt", verteidigte EZB-Präsident Mario Draghi seine in Deutschland viel kritisierten Maßnahmen. "Wir sind zuversichtlich, dass diese Entscheidungen angemessen sind, um unser Ziel zu ereichen." Die EZB wolle sicherstellen, dass sich die Inflation im Währungsraum wieder der Marke von knapp zwei Prozent nähere. Ohne diese Maßnahmen wäre die Teuerung nächstes Jahr einen halben Punkt tiefer, so Draghi. Allerdings haben die hausinternen Experten wegen der niedrigeren Energiepreise ihre Inflationsprognosen für die Jahre 2016 und 2017 gesenkt.

Draghi zufolge werden sich die wirtschaftlichen Bedingungen durch das Anleihen-Kaufprogramm nach und nach verbessern. Die Beschlüsse seien zwar nicht einstimmig gefällt worden - aber mit einer "sehr großen Mehrheit", so der Italiener. Bundesbank-Präsident Weidmann signalisierte am Abend, dass er die Entscheidung nicht mitgetragen hat. Er "habe eine weitere Lockerung nicht für notwendig gehalten", sagte Weidmann. Er verwies dabei auf die dominante Rolle des Energiepreisrückgangs auf die Inflation und auf die bereits ergriffenen Schritte der EZB, "die auch mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden sein können."

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ANLEIHENKÄUFE WERDEN VERLÄNGERT



Die Währungshüter wollen nun ihre monatlichen Käufe von rund 60 Milliarden Euro um ein halbes Jahr bis mindestens März 2017 verlängern. Damit erhöht sich der Gesamtumfang um 360 Milliarden Euro. Auch Anleihen von Kommunen und Regionen sollen jetzt erworben werden. So kann die Notenbank mögliche Verknappungen in einzelnen Ländern abfedern - etwa bei deutschen Bundesanleihen. Die EZB verdient mit ihren Transaktionen Geld, da sie Zinsen für die Anleihen einsackt. Diese Gewinne will sie einsetzen, um neue Papiere zu kaufen.

Auf die Geschäftsbanken im Euro-Raum kommen zudem höhere Strafzinsen zu, wenn sie überschüssige Gelder bei der Zentralbank parken. Die EZB setzte den sogenannten Einlagensatz auf minus 0,3 von bisher minus 0,2 Prozent. Den Leitzins beließen die Währungshüter hingegen auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent.

Mit ihren Maßnahmen will die EZB das Wirtschaftswachstum ankurbeln und so auch die Inflation anheizen. Durch die Wertpapierkäufe sollen Bonds-Renditen sinken und so als Investment für Banken unattraktiv werden. Die Geldhäuser sollen stattdessen mehr Kredite an die Wirtschaft vergeben. In die gleiche Richtung zielen auch die Strafzinsen für Banken.

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KRITIK AUS DEUTSCHLAND



In Deutschland überwogen dennoch die kritischen Stimmen. "Der Aktionismus der EZB ist übertrieben. Statt immer neuer Maßnahmen wäre Gelassenheit besser gewesen", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Auch die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel hält den Weg für falsch: "Durch die langfristige Festlegung Draghis auf eine lockere Geldpolitik wird ein Ausstieg immer schwieriger. Die Risiken für die Finanzstabilität können irgendwann selbst zum Hindernis eines Ausstiegs werden." Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB), Liane Buchholz, erklärte, die Schritte der EZB seien gefährlich und unnötig.

Lob kam hingegen vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Schritte würden helfen, die Risiken für die konjunkturelle Erholung der Euro-Zone anzugehen, sagte ein Sprecher.

USA UND EURO-ZONE GEHEN GETRENNTE WEGE



Fed-Chefin Yellen stimmte die Märkte zuletzt mehrfach auf eine maßvolle Zinsanhebung Mitte Dezember ein. Weitere Führungsmitglieder der Zentralbank ließen kaum einen Zweifel daran, dass sie die Geldpolitik straffen wollen. Denn mit einer Arbeitslosenquote von zuletzt 5,0 Prozent ist die US-Notenbank ihrem erklärten Ziel der Vollbeschäftigung bereits greifbar nahe gekommen.

Noch im September hatten die Schockwellen der Börsenturbulenzen in China und die Furcht vor einem Wachstumseinbruch in der Volksrepublik die Fed den lang erwarteten Schritt aufschieben lassen. Inzwischen hat Yellen aber erklärt, die vom Ausland auf die USA ausstrahlenden Risiken seien seit dem Sommer geringer geworden. In den USA, wo sich die Wirtschaft insgesamt viel besser erholt hat, liegen die Leitzinsen bereits seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 auf dem historisch niedrigen Niveau von null bis 0,25 Prozent.

Reuters