Die Bundesbank hält das Vorgehen für heikel, da die EZB in eine Grauzone nahe der verbotenen Staatsfinanzierung zu geraten drohe. Die Käufe sind laut Draghi aber Teil des "Werkzeugkastens der EZB". Der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs warnte davor, mit Bondkäufen weiteres Geld nach Griechenland und in andere Euro-Problemländer zu pumpen. Die EZB entscheidet am 22. Januar über den Kurs - drei Tage vor den Neuwahlen in Griechenland. Als Favoritin gilt die radikale Linke, die die Euro-Rettungsprogramme kippen will.

Die Europäische Zentralbank ist laut Draghi bei der Wahrung der Preisstabilität stärker gefordert als noch vor einem halben Jahr. "Das Risiko, dass wir unser Mandat der Preisstabilität nicht erfüllen, ist jedenfalls höher als vor sechs Monaten", warnte der EZB-Chef. Die klaren Worte Draghis gelten an den Märkten als Signal, dass die EZB die niedrige Inflation nicht mehr länger hinnehmen will. Für die nächste Woche anstehenden Inflationsdaten aus der Euro-Zone erwarten Experten, dass die Preise im Dezember zum Vorjahr leicht gefallen sind. Das von der EZB angestrebte Ziel einer Teuerungsrate von knapp zwei Prozent geriete damit außer Sichtweite.

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"WIR MÜSSEN DEFLATIONSRISIKO ANGEHEN"

Selbst das Risiko einer Deflation ist laut Draghi nicht ganz ausgeschlossen: "Wenn die Inflation lange zu niedrig bleibt, kann es geschehen, dass die Leute auf weiter sinkende Preise setzen und ihre Ausgaben verschieben." Ein solches Szenario kann eine Wirtschaft lähmen. Soweit ist es laut Draghi zwar noch nicht: "Aber wir müssen dieses Risiko angehen." Laut EZB-Chefökonom Peter Praet beschäftigt die Währungshüter auch die Entwicklung des Ölpreises, der seit der letzten EZB-Sitzung Anfang Dezember weiter gefallen ist. Der Ölpreisverfall könnte eine negative Inflationsrate für einen längeren Zeitraum im Jahr 2015 bedeuten, warnte Praet jüngst in einem Interview.

Der Euro fiel am Freitag angesichts der Signale der EZB für eine noch expansivere Geldpolitik zeitweise auf ein Viereinhalb-Jahres-Tief und notierte am Mittag bei 1,2053 Dollar. Ökonom Niels Christensen von der Nordea Bank erwartet, dass der Kurs nach den Inflationsdaten nächste Woche unter die Marke von 1,20 Dollar rutschen dürfte: "Damit steigt der Druck auf die EZB, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.

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"EURO-ZONE WIRD NICHT AUSEINANDERBRECHEN"

Auch die anstehende Parlamentswahl in Griechenland dürfte der EZB bei ihrer nächsten Zinssitzung Gesprächsstoff liefern. Die Euro-Zone werde nicht auseinanderbrechen, sagte Draghi. "Es gibt deshalb auch keinen Plan B." Der griechische Oppositionschef und Gegner der EU-Rettungspolitik, Alexis Tsipras, hat sich zwar zum Verbleib des Landes in der Euro-Zone bekannt. Die Gläubiger müssten aber einen Großteil der Schulden "kürzen oder erlassen". Zudem würden die Sparauflagen der Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) unter seiner Regierung schon bald der Vergangenheit angehören. Der Vizefraktionschef der Union im Bundestag, Fuchs, geht davon aus, dass Griechenland dann der Geldhahn zugedreht wird. "Wenn das kommen sollte, glaube ich nicht, dass die Troika weiter bereit ist, zusätzliche Gelder nach Griechenland zu schleusen."

In der Folge könne es dazu kommen, dass Griechenland die Euro-Zone verlasse. "Wir werden und wollen und können Griechenland nicht aus der Euro-Zone rausschmeißen", betonte Fuchs. Griechenland habe es selbst in der Hand. Es könnte eine neue Währung schaffen und massiv abwerten. Dies werde aber Folgen für die Euro-Partner haben: "Es wird mit Sicherheit Geld kosten". Es könne auch "durchaus sein", dass die deutschen Steuerzahler bluten müssten. Der Chef des Europäischen Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, hatte im Juli 2014 erklärt, rund 43 Prozent der Staatsverschuldung Griechenlands lägen beim ESM-Vorgänger EFSF, der das zweite Rettungsprogramme mitgetragen hat. Dafür steht Deutschland mit etwa 27 Prozent ein. Griechenlands Staatsschulden lagen zuletzt bei rund 320 Milliarden Euro. Die Europäische Union und der IWF haben Griechenland seit 2010 mit 240 Milliarden Euro vor dem Kollaps bewahrt.

Reuters