Nextbike betreibt seit 2004 Leihradsysteme in rund 300 Städten und 28 Ländern - meist im Auftrag öffentlicher Verkehrsunternehmen und Kommunen. Das Berliner Unternehmen Tier wiederum bietet über seine App bislang E-Bikes, Tretroller und E-Mopeds in 160 Städten und 16 europäischen Ländern zum Verleih an.
Zu den Kosten der Übernahme äußerten sich die Unternehmenschefs zunächst nicht. Tier hatte vor wenigen Wochen in einer Finanzierungsrunde rund 200 Millionen Euro von Investoren eingesammelt. Die Marke Nextbike soll nach dem Kauf zunächst erhalten bleiben: "Die Marke ist sehr stark", sagte Tier-Chef Lawrence Leuschner der Deutschen Presse-Agentur. "Auch als Partner von den Städten genießt Nextbike viel Vertrauen. Deswegen planen wir erstmal nicht, irgendwas zu ändern."
Nextbike setzt bei seinen Leihrad-Systemen vor allem auf die enge Zusammenarbeit mit öffentlichen Auftraggebern. Das Unternehmen betreibt die Systeme etwa für die Kölner und Münchner Verkehrsbetriebe. Kunden sollen künftig über die jeweiligen Apps der beiden Anbieter sämtliche Mobilitätsangebote beider Marken nutzen können.
Die Leipziger waren auf dem Markt für die sogenannte Mikromobilität einer der wenigen Anbieter, die sich mit Leihsystemen von konventionellen Fahrrädern auf einen Verkehrsträger konzentriert hatten. Die meisten Dienstleister bieten über ihre Apps inzwischen eine Vielzahl von Fahrmöglichkeiten an. So ist Tier gerade dabei, an verschiedenen Standorten neben den E-Tretrollern auch E-Bikes zu etablieren. Schon länger gehören E-Mopeds zum Angebot, die das Unternehmen vom Konkurrenten Coup erworben hatte.
Tier erhofft sich durch die Übernahme von Nextbike allerdings nicht nur ein erweitertes Portfolio, sondern will auch von den guten Kontakten in die Stadtverwaltungen profitieren. Nach wie vor genießen E-Tretroller vielerorts keinen guten Ruf, weil sie häufig Gehwege blockieren und an zahlreichen Unfällen beteiligt sind. "Es sind zu viele Anbieter auf dem Markt unterwegs, das wird sich mit der Zeit konsolidieren", sagt Tier-Chef Leuschner. "Wir selbst sind große Fahrradfans und glauben, dass das Fahrrad in den Städten der dominierende Faktor sein wird."
Dass sein Unternehmen nun Teil eines Portfolios mit E-Tretrollern wird, stört Nextbike-Chef Leonhard von Harrach hingegen nicht. "Der E-Scooter-Trend ist auch bei uns nicht unbemerkt geblieben", sagte er der dpa. "Das bewegt natürlich auch die Städte, denn die Scooter sind dort als Mobilitätskomponente wirklich wichtig geworden." Ein eigenes Scooter-Angebot zu schaffen, sei angesichts des schnellen Marktes indes zu kapitalintensiv gewesen.
dpa-AFX