"Wir werden M&A auf jeden Fall beschleunigen", sagte Konzernchef Björn Rosengren am Dienstag zur Nachrichtenagentur Reuters. "Ansonsten wäre ich sehr enttäuscht." ABB wolle jährlich fünf bis zehn Deals machen. Das wäre eine deutliche Beschleunigung: 2020 kam das Schweizer Unternehmen auf drei Zukäufe, im bisherigen Verlauf von 2021 waren es erst zwei. "Wir peilen eher kleine bis mittlere Transaktionen mit einem Volumen von bis zu rund einer Milliarde Dollar an", sagte Rosengren.
Im Vordergrund stünden dabei Geschäftsbereiche, in denen ABB bereits gute Renditen einfahre oder gute Wachstumschancen sehe. Dazu gehöre etwa das Robotikgeschäft. "Das ist ein Bereich, den wir gerne deutlich ausbauen würden", sagte der Schwede. Auch die Bereiche Elektrifizierung und Antriebe böten Kaufgelegenheiten. Rosengren räumte ein, dass die Preise für Zukäufe derzeit oftmals hoch seien. Er deutete an, dass die Wahrscheinlichkeit für Deals steige, wenn andere mögliche Käufer wegen eines schwierigeren Umfeldes zurückhaltender würden. Akquisitionen sollen einen bis zwei Prozentpunkte zum Konzernwachstum beitragen. ABB hob gleichentags das Umsatzziel an und peilt neu ein jährliches Wachstum von insgesamt vier bis sieben Prozent an.
LIEFERENGPÄSSE DAUERN AN
Die Nachfrage der Kunden nach ABB-Produkten sei weiterhin sehr hoch, sagte Rosengren. "Wir glauben, dass die Nachfrage 2022 weiter anziehen wird." Bisher seien keine Aufträge storniert worden. Wie viele andere Industriekonzerne spürt auch ABB die globale Beschaffungskrise. Das Zürcher Unternehmen, das vor allem unter Engpässen bei Halbleitern und anderen Komponenten leidet, hatte im Oktober den Ausblick für 2021 kassiert und die Umsatzprognose gesenkt. Doch Rosengren rechnet damit, dass die Probleme in den Lieferketten im Verlauf von 2022 abklingen. "Zu Beginn des nächsten Jahres dürfte es schwierig bleiben, aber im weiteren Verlauf des Jahres dürfte dieser Effekt nachlassen."
Im ersten Halbjahr 2022 will ABB das Geschäft mit Ladetechnik für Elektroautos an die Schweizer Börse bringen. Eine Mehrheitsbeteiligung an dem zukunftsträchtigen Geschäft soll aber beim Konzern bleiben. ABB habe einen Verwaltungsrats-Präsidenten für das Geschäft auserkoren und ihm ein Angebot vorgelegt, verriet Rosengren. Er komme aus der Technologie-Branche und habe bei der Entwicklung von Start-ups einen guten Leistungsausweis.
Für das Turbolader-Geschäft peilt ABB im Sommer 2022 eine Abspaltung über die Börse oder einen Verkauf an. Zudem plant ABB für das zweite Halbjahr 2022 einen Verkauf des Bereichs Power Conversion. Forderungen nach einer kompletten Aufspaltung des Konzerns erteilte Rosengren aber eine Absage. Die beiden Hauptgeschäfte Elektrifizierung und Automatisierung stützten einander. Der Verwaltungsrat, dem auch die Großaktionäre Investor sowie der aktivistische Fonds Cevian angehörten, teile diese Sicht.
rtr