Wintermuffel hierzulande können sich mehr als früher über relativ milde Temperaturen freuen. Denn sie haben den Vorteil, dass weniger geheizt werden muss. Das spart richtig Geld, ist doch der europäische Gaspreis seit August regelrecht explodiert. Am Handelspunkt TTF in den Niederlanden betrug er Ende August noch 45 Euro pro Megawattstunde (MWh). Inzwischen steht er bei knapp unter 100 Euro. Im Dezember stieg er in der Spitze sogar bis auf fast 180 Euro.

Es gibt mehrere Ursachen, die den Preisanstieg auslösten. Vor allem die hohe Nachfrage durch die Erholung der Weltwirtschaft nach den Lockdowns ist zu nennen. Der Gasbedarf aus Asien hat letztes Jahr stark zugenommen, was einen enormen Preisschub ausgelöst hat. Das hat dazu geführt, dass viele Händler weniger Gas gekauft haben, um die Speicher zu füllen und sich ausreichend für die Wintersaison 2021/2022 einzudecken. "Die Erdgaslagerbestände sind deutlich niedriger als normal", sagt Carsten Fritsch, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank. So sind etwa die Speicher in Deutschland laut GIE, der europäischen Organisation von Gasinfrastrukturbetreibern, derzeit nur zu fast 52 Prozent gefüllt. Normal ist zu dieser Jahreszeit ein Stand von 70 Prozent. In Gesamteuropa sieht es ähnlich aus.

Der Hauptgrund für die angespannte Lage in Europa sind aber die zu geringen Lieferungen aus Russland. "Die Russen könnten die Gasproduktion erhöhen und dafür die bestehenden Pipelines verwenden", sagt Amos Hochstein, Sonderbeauftragter für globale Energiesicherheit im US-Außenministerium. Er wirft Putin vor, Gaslieferungen zu verzögern, um die Genehmigung der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2 zu erreichen. Das bestreitet der Kremlchef.

Er hat jedoch vor mehreren Wochen erklärt, mehr Gas nach Europa zu liefern. Den Worten folgten aber bisher keine Taten. Nach Angaben von Brancheninsidern nutzt Russland die Kapazitäten für Gaslieferungen durch die Ukraine nicht aus. Produktionsstörungen gebe es keine. Das nährt die Vermutung, dass Putin Gas als politische Waffe nutzt, um die Genehmigung von Nord Stream 2 durchzusetzen.

In der zweiten Dezember-Hälfte stürzte der TTF-Gaspreis dann von 180 bis auf 66 Euro ab. Ausgelöst wurde dieser Rutsch durch umfangreiche Lieferungen von US-Flüssiggas nach Europa. Aber in den vergangenen Tagen hat sich der Preis schon wieder leicht erholt, bedingt durch den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze und die Gefahr eines Kriegs.

Der Gasmarkt dürfte daher angespannt bleiben. Auch andere Einflüsse wie eine wieder anziehende Nachfrage aus Asien oder ein heftiger Kälteeinbruch könnten rasch zu neuen Preisschüben führen. Anleger können sich dagegen mit einem ETC auf US-Erdgas absichern. Der europäische und der amerikanische Gasmarkt sind eng verbunden. Auf europäisches Gas fehlt ein Anlageinstrument, da der Markt weniger liquide und schwerer darstellbar ist als sein US-Pendant. Anleger sollten sich darüber im Klaren sein, dass Gas enormen Schwankungen unterliegt. Daher eignet sich ein Erwerb nur für sehr risikobereite Investoren.

Ölpreis bewegt sich in einer Spanne

Deutlich weniger volatil ist der Preis für einen Barrel (159 Liter) der Ölsorte Brent. Er schwankt seit Anfang Juni in einer Spanne zwischen 70 und 86 US-Dollar je Barrel. Derzeit bewegt er sich am oberen Ende der Bandbreite. Kurzfristig dürfte er aber eher fallen, da der Aufstand in Kasachstan von der Regierung niedergeschlagen wurde und die Ölproduktion des Landes wieder normal läuft. Auch die libysche Ölförderung hat sich nach Wartungsarbeiten und Streiks bei einigen Ölfeldern erholt.

Mittelfristig dürfte der Ölpreis aber klettern. Die OPEC hat im Dezember die Ölproduktion weniger gesteigert als vereinbart. Die Fördermenge der zehn am Kürzungsabkommen beteiligten Länder lag nur 150.000 Barrel täglich höher als im Vormonat. Möglich gewesen wäre aber eine Steigerung um gut 250.000 Barrel pro Tag. Zudem lag die Produktionsmenge trotz Fördererhöhung um 650.000 Barrel täglich unter dem vereinbarten Niveau. Dies zeigt, dass es der OPEC schwerfällt, die vereinbarten Produktionssteigerungen auch umzusetzen. Wenn die Wirtschaft sich nach Abflauen der Omikron-Welle erholt, sollte deswegen ein Nachfrageüberhang entstehen, der den Preis treibt.

Zahl der CO2-Emissionsrechte sinkt

Deutlich teurer geworden ist auch der Preis für eine Tonne CO2 im EU-Emissionshandelssystem ETS. Seit Anfang November ist dieser von 55 auf 85 Euro je Tonne geklettert. Der Handel von Emissionsrechten ist eines der Instrumente, mit denen die EU ihre Klimaziele erreichen will. Die CO2-Zertifikate werden von den jeweiligen Staaten an Firmen verteilt oder müssen von diesen erworben werden.

Ein Zertifikat erlaubt dem Inhaber, eine Tonne Kohlendioxid auszustoßen. Wer Treibhausgase produziert, ohne die entsprechende Zahl an solchen Berechtigungsscheinen zu besitzen, muss mit hohen Bußgeldern rechnen.

In der EU wird die Gesamtmenge der Emissionsrechte durch eine Obergrenze limitiert. Ab diesem Jahr wird die Zahl der Zertifikate jährlich um 2,2 Prozent reduziert. Bislang lag der Satz bei 1,7 Prozent. Unter anderem diese weitere Angebotsverknappung hat dazu geführt, dass der Preis für die Emissionsrechte zuletzt kräftig angezogen hat. Da die Rechte an gängigen Terminbörsen gehandelt werden, sind aber auch viele Spekulanten wie Hedgefonds in dem Markt aktiv, die nicht ihren Schadstoffausstoß abdecken, sondern schnelle Gewinne einfahren wollen. Sie treiben den Preis zusätzlich.

Nach Untersuchungen eines Potsdamer Forschungsteams müsste der CO2-Preis bis 2030 auf rund 130 Euro pro Tonne steigen, damit die EU ihre Klimaziele erreicht. Zudem soll die kostenlose Zuteilung der Zertifikate für einige Segmente auslaufen. Das sollte die Nachfrage ebenfalls erhöhen.

Die Risiken für Investoren liegen neben der hohen Zahl an Spekulanten in diesem Segment vor allem darin, wie die Politik reagiert, wenn Unternehmen bei starken Preiszuwächsen für die CO2-Zertifikate mit Abwanderung ins nicht regulierte Ausland drohen. Für risikobereite Anleger eignet sich ein Engagement im CO2-Markt trotzdem, da die Korrelation zu anderen Anlageklassen niedrig ist.
 


INVESTOR-INFO

BNP RICI Enhanced Erdgas ETC

Nichts für schwache Nerven

Der ETC von BNP Paribas bildet den Preis von US-Erdgas ab. Indem in drei Terminkontrakte auf Gas mit unterschiedlicher Fälligkeit gleichzeitig investiert wird, sollen Rollverluste minimiert werden, die sonst zu hohen Kosten für Anleger führen können. Der US-Erdgaspreis schwankt genauso wie der europäische enorm, daher sollten sich nur sehr risikofreudige Anleger engagieren, die das Papier ständig im Auge behalten können. Es besteht ein Währungsrisiko gegenüber dem US-Dollar.

BNP RICI Enhanced Brent Öl ETC

Rolloptimiert auf Öl setzen

Ebenso wie beim ETC auf US-Erdgas (siehe oben) wird beim ETC von BNP Paribas auf Rohöl der Sorte Brent Crude der gleiche Mechanismus zur Rolloptimierung eingesetzt. Innerhalb eines Jahres hat das Papier um 68 Prozent zugelegt. Das Produkt ist nicht so schwankungsintensiv wie das Pendant auf Erdgas. Es gibt ein Währungsrisiko gegenüber dem Greenback. Charttechnisch stehen die Chancen auf einen Ausbruch nach oben derzeit gut.

Leonteq Carbon Emissions

CO2 ins Depot nehmen

Die Rollproblematik umgehen Anleger mit dem Zertifikat des Schweizer Emittenten Leonteq. Anleger partizipieren damit eins zu eins an der Entwicklung des Mitte Dezember 2022 an der Terminbörse in Amsterdam fälligen Kontrakts auf CO2-Emissionsrechte, also am Preis von Emissionsrechten. Wollen sie länger als elf Monate investieren, müssen sie dann aber in ein neues Produkt wechseln. Dafür umgehen sie eventuelle Rollkosten. Das Papier eignet sich für Anleger zur Depotdiversifizierung.