Energiewende per Schwarm und mit Rendite
· Börse Online RedaktionCrowdfunding steckt hierzulande in den Kinderschuhen. Für das laufende Jahr rechnen die Analysten des Statista Digital Market Outlook mit einem Transaktionsvolumen von etwa 34 Millionen US-Dollar in Deutschland. Dies entspricht lediglich 0,1 Prozent der Summe, die im letzten Jahr weltweit in Crowdfunding-Projekte angelegt wurde. Experten erwarten ein jährliches Wachstum von mehr als 30 Prozent. Das Potenzial ist also gewaltig. Dies gilt insbesondere für die Erneuerbare-Energien-Branche. Im vergangenen Jahr wurden bei deutschen Emittenten gerade einmal 4,8 Millionen Euro für Energieprojekte gesammelt. Das ist eindeutig zu wenig. Was sind die Ursachen?
Die Branche leidet nach wie vor unter Fehlern der Vergangenheit. Schwarmfinanzierungen bei Erneuerbaren Energien werden oft mit dem Namen Prokon verbunden. 1,4 Milliarden Euro, 480 Arbeitsplätze und die Altersvorsorge Tausender Kleinanleger standen auf dem Spiel - gemessen an der Zahl der Gläubiger war es eine der größten Pleiten der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Seither ist viel Zeit vergangen. Man sollte nicht der Versuchung erliegen, die Branche in "Sippenhaft" zu nehmen. Unternehmen, Gesetzgeber und Anleger haben dazugelernt. Der Bereich wurde gesetzlich stärker reguliert, Unternehmen haben sich solider aufgestellt, und Anleger investieren heute sehr viel gewissenhafter als noch vor einigen Jahren.
Es gibt gute Argumente für Crowdfunding in Erneuerbare Energien: Anleger erhalten die Chance, ein nachhaltiges Projekt zu unterstützen und wirtschaftlich von ihrem Investment zu profitieren. Mit dem "Schwarm" können Privatanleger an attraktiven Projekten teilnehmen, die bisher nur Banken und Großanlegern zugänglich waren. "Grüne Projekte" bieten mit einer Rendite von zumeist zwischen fünf und zehn Prozent eine attraktive Verzinsung und eignen sich, um Portfolios zu diversifizieren. Gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase bieten sich hier sehr attraktive Anlagemöglichkeiten. Auch die in den letzten Jahren stark gestiegene Bedeutung von ESG-Investments, also Investitionen in ethisch-nachhaltige Produkte, sprechen für Crowdfunding in Projekte aus dem Bereich Erneuerbare Energien.
Experten gehen daher davon aus, dass sich Crowdfunding in wenigen Jahren auch bei Solarprojekten fest etablieren wird. Oft wird jedoch die Frage gestellt, ob die Solarbranche "reif genug" ist, um vom Crowdfunding-Boom zu profitieren. Ich halte dies für den falschen Ansatz. Die Frage sollte lauten: Was muss die Solarbranche tun, um als reifer Partner anerkannt zu werden? Sie muss aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, Aufklärungsarbeit leisten und die attraktiven Anlagechancen besser kommunizieren. Trotz des großen Bedarfs an alternativen Finanzierungslösungen und eines guten Risiko-Rendite-Profils bei Solaranlagen, gibt es immer wieder Kritik an dieser Investmentform, besonders von Verbraucherschützern. Auch wenn mir einige dieser Bedenken zu weit gehen, müssen wir sie ernst nehmen und versuchen, ihnen entgegenzuwirken.
Grundsätzlich sollte jeder Anleger die Basisregeln des klugen Investments beachten, auch beim Crowdfunding: Jede Person sollte sich bewusst machen, dass den zumeist attraktiven Renditen auch Risiken gegenüberstehen. Initiatoren raten daher oft, die Anlage vorab genau unter die Lupe zu nehmen. Ich stimme dem zu, sehe hier aber insbesondere den Anbieter in der Pflicht. Ein gutes Crowdfunding-Portal sollte transparent über die Projekte und alle Projektpartner informieren. Die Partner sollten über fundierte Erfahrung in der Realisierung vergleichbarer Projekte verfügen. Wichtig ist mir darüber hinaus, dass Investments transparent sind. So bieten einige Crowdfunding-Portale an, dass sich Anleger über den aktuellen Projektstand informieren können. Werden diese Grundsätze beachtet, bietet Crowdfunding in "grüne Projekte" eine gute Investitionschance.
Thorsten Preugschas blickt auf rund 15 Jahre Erfahrung in der Solarbranche zurück. So schuf er mit der Colexon Energy AG einen börsennotierten Projektentwickler im deutschsprachigen Raum, der später mit der dänischen Renewagy fusionierte. 2011 wechselte Preugschas zur Soventix GmbH, die sich unter seiner Geschäftsführung zu einem international agierenden Solarprojektentwickler erweiterte.