Immer mehr Anleger suchen Investments in Unternehmen, die als nachhaltig gelten. Das ist nicht ganz einfach. Unser Test hilft bei Fonds von Asset-Managern und Banken. Von Bernhard Bomke, Euro am Sonntag
Besonders nachhaltig am Begriff der Nachhaltigkeit ist bislang seine Unschärfe. Doch damit könnte bald Schluss sein. Während die Welt in den vergangenen zwei Wochen im schottischen Glasgow den Erhalt des gewohnten Klimas verhandelte (und damit eine sehr grundlegende Form von ökologischer Nachhaltigkeit), wurde bekannt: Ein internationales Gremium für Nachhaltigkeitsstandards wird seinen Sitz in Frankfurt am Main haben. Das International Sustainability Standards Board (ISSB), so der Name, soll Vorgaben entwickeln, an denen sich Investoren weltweit orientieren können, wenn sie gezielt nachhaltige Geldanlagen anbieten wollen.
Auch die Europäische Union ist bemüht, den Verdacht, bei Nachhaltigkeit gehe es vor allem um Etikett und Marketing, endlich auszuräumen. Mit ihrem Regelwerk, der sogenannten EU-Taxonomie, will sie schrittweise Bedingungen dafür einführen, dass etwa Finanzanlagen als nachhaltig bezeichnet werden dürfen. Das ist ein nicht ganz triviales Unterfangen, wie das Beispiel der Atomenergie zeigt.
Atomkraft - nachhaltig oder nicht?
In der EU-Kommission gibt es gegensätzliche Einschätzungen dazu, ob die Stromerzeugung in Atomreaktoren mit Blick auf den Klimaerhalt als ökologisch nachhaltig eingestuft wird oder nicht. Auch Fondsmanager und Banken, die ihre Fonds als "nachhaltig" deklarieren, gehen mit der Atomkraft ganz unterschiedlich um. Den einen gilt sie als im ökologischen Sinne nachhaltig, den anderen ausdrücklich nicht.
Es wird also höchste Zeit, den Begriff Nachhaltigkeit zu definieren, für den im Englischen die Abkürzung ESG Verwendung findet. Das E steht für Environment (Umwelt), das S für Social (Soziales) und das G für Governance. Nachhaltigkeit heißt nach diesem Dreiklang also etwa: schonender Umgang mit Ressourcen und Umwelt, Übernehmen gesellschaftlicher Verantwortung und eine Unternehmensführung, die auf Langfristigkeit ausgerichtet ist.
20 Asset-Manager und elf Banken
Anleger finden immer mehr Möglichkeiten, gezielt in Unternehmen zu investieren, die als nachhaltig gelten. Eine Variante sind ESG-Fonds, die viele Asset-Manager (Vermögensverwalter) und Banken anbieten. €uro am Sonntag hat nach 2020 nunmehr zum zweiten Mal das Deutsche Kundeninstitut (DKI) damit beauftragt, die Anbieter von ESG-Fonds zu testen.
Das Düsseldorfer Institut bewertete diesmal 20 Asset-Manager und elf Banken hinsichtlich 150 Kriterien in den drei Kategorien "Nachhaltigkeit", "Transparenz" und "Angebot". In jeder Kategorie und in der Gesamtwertung waren jeweils bis zu 100 Punkte zu erreichen. Manche Anbieter schafften dank Bonuspunkten noch ein paar mehr.
Viele Teilnehmer schließen für ihre ESG-Fonds Investments in Staaten oder Regionen aus, die sie als korrupt einstufen, in denen die Todesstrafe angewendet wird oder deren Regierungen das Pariser Klimaabkommen nicht unterzeichnet haben. In der Regel kommen Unternehmen nicht in Betracht, wenn sie ihre Geschäfte mit Kohlestrom, Rüstung, Massentierhaltung, Pornografie oder Embryonenforschung machen. Als positiv wiederum gelten Geschäfte mit erneuerbaren Energien, energieeffizientem Wohnen, Bildung, Kultur, Gesundheit und Sozialem.
Das Thema Atomenergie ordnen mit der Deutschen Bank, ihrer Tochter Postbank und der Hypovereinsbank drei Geldinstitute als positiv für ESG-Fonds ein, die anderen acht Banken als negativ. Von den 20 Asset-Managern im Test stufen ebenfalls drei (Amundi, Morgan Stanley, Swiss Life) diese Form der Energiegewinnung als nachhaltig ein. Neun Asset-Manager lehnen die Atomenergie für ESG-Fonds ab, acht betrachten sie als weder positiv noch negativ.
Hypovereinsbank und Union vorn
Überraschend beim Test diesmal: Von den Geldinstituten schaffte es nicht eine der drei Nachhaltigkeitsbanken (GLS Bank, Triodos Bank, Umweltbank) auf den ersten Platz, sondern - wenn auch knapp - die Hypovereinsbank. Sie hat seit 2007 ESG-Fonds im Angebot. Vorjahressieger Triodos Bank landete nun auf Rang 4. Auch bei den Asset-Managern gab es einen Wechsel an der Spitze. Anstelle der Vorjahressieger Aberdeen Standard Investments und Amundi Asset Management kamen 2021 Union Investment und DWS auf die Plätze 1 und 2.
Die Hypovereinsbank verdankt den Sieg bei den Banken der Note "sehr gut +" in den Disziplinen "Transparenz" und "Angebot". Im Fach "Nachhaltigkeit" erreichten die Oberbayern ein "gut". Bei der Transparenz überzeugte die Tester der hohe Informationsgehalt zum Thema ESG und ESG-Fonds auf der Internetseite des Instituts. So finden Interessenten dort unter anderem Kriterien, nach denen entsprechende Fonds ausgewählt werden. Zudem sind dort jede Menge Informationen zu den angebotenen ESG-Fonds sowie Marktberichte zum Thema Nachhaltigkeit zusammengestellt.
Der Testsieger bietet 62 ESG-Fonds an. Das waren im Test mit Abstand die meisten. Darunter sind unter anderem Aktien-, Misch- und Rentenfonds. Auf der Website finden Nutzer einen Wertpapier-Finder und einen Sparplanrechner. Die "gute" Bewertung in der Disziplin "Nachhaltigkeit" geht beispielsweise auf eine Vielzahl klarer Kriterien zurück, die zur Aufnahme oder zum Ausschluss von Firmen führen. Zu den Negativkriterien gehören auch Verstöße gegen den UN Global Compact. Diese Übereinkunft zwischen den Vereinten Nationen (UN) und mehr als 10.000 Unternehmen und Institutionen umfasst zehn Prinzipien von Menschenrechten bis zur Verbreitung umweltfreundlicher Technologien, nach denen die Weltwirtschaft ökologischer und sozialer werden soll. Positiv wertete das DKI, dass ESG-Fonds bei der Wertpapierberatung der Bank im Mittelpunkt stehen.
Gesundheit: Daumen hoch
Union Investment, der Champion unter den Asset-Managern, schaffte in den Bereichen "Transparenz" und "Angebot" die Bestnote "sehr gut +", im Bereich "Nachhaltigkeit" reichte es für ein "sehr gut". In der Kategorie "Transparenz" überzeugte die Fondsgesellschaft der Genossenschaftsbanken mit ganz ähnlichen Qualitäten wie bei den Geldhäusern die Hypovereinsbank. Das gilt auch fürs Angebot, das neben Aktien-, Misch- und Rentenfonds mit ESG-Label auch entsprechende festverzinsliche Wertpapiere umfasst.
Union Investment, seit 1989 im Geschäft mit Investments, die als nachhaltig deklariert werden, hat eine Vielzahl von Kriterien, die darüber befinden, ob der Daumen für ein Unternehmen nach oben oder unten geht. Für "Gesundheit" geht er zum Beispiel nach oben. Unter den Ausschlusskriterien findet sich unter anderem der Punkt "Missachten gesetzlicher Wirtschaftsvorschriften".
Laufende Checks auf ESG-Substanz
So wichtig die Auswahl geeigneter Unternehmen zu Beginn ist, so sehr gehört es zum Handwerkszeug von Asset-Managern und Banken, regelmäßig zu prüfen, ob die ESG-Kriterien noch erfüllt werden. Bei den Asset-Managern reichen die Prüfintervalle von täglich bis zu jährlich. So gaben Aberdeen Standard Investments, AllianceBernstein, Janus Henderson und J. P. Morgan Asset Management und Schroders an, laufend oder gar täglich zu prüfen. Bei den regelmäßigen Checks nutzen die Vermögensverwalter neben Informationen der Unternehmen im Regelfall auch unabhängige Quellen, darunter Medienveröffentlichungen und Ratingagenturen.
Bei den Banken reichen die Prüfintervalle von fortlaufend (GLS Bank) bis zu vierteljährlich (Umweltbank). Die Targobank verweist auf Prüfungen durch die jeweilige Kapitalverwaltungsgesellschaft. Die Landesbank Berlin prüft nach eigenem Bekunden "situativ", was immer das auch heißen mag.
Dass die drei Nachhaltigkeitsbanken in der Gesamtwertung zwar ein "sehr gut +" (GLS Bank, Umweltbank) oder "sehr gut" (Triodos Bank) bekamen, es aber nicht auf Platz 1 schafften, hat vor allem mit den Bewertungen des Angebots zu tun. So können Anleger bei der Triodos Bank nicht direkt ein Depot eröffnen, was ansonsten eher als Standard gilt, sondern nur über den Partner Fondsdepot Bank. Das kostete im Test ein paar Punkte.
So wurde getestet:
Der Test zu Anbietern von ESG-Fonds (das Kürzel steht für "Environment, Social and Governance", also "Umwelt, Soziales und Unternehmensführung") teilt sich in die eigentlichen Fondsanbieter (Asset-Manager, AM) und die Banken, die die Fonds für ihre Kunden im Angebot haben. Beide Gruppen (AM und Banken) hat das Deutsche Kundeninstitut (DKI) im Auftrag von €uro am Sonntag in den drei Kategorien "Transparenz", "Nachhaltigkeit" und "Angebot" geprüft. Für die Gesamtwertung wurden die Kategorien bei Banken und AM unterschiedlich gewichtet.
Nachhaltigkeit (Gewicht an der Gesamtwertung, Banken: 40 Prozent, AM: 55 Prozent): Hier wurde untersucht, nach welchen Kriterien (Länder/Regionen, Branchen, Einhaltung internationaler Umweltstandards) Firmen in einen ESG-Fonds aufgenommen werden. Zudem wurden die ESG-Strategien der Anbieter geprüft.
Transparenz (Banken: 40 Prozent, AM: 30 Prozent): In dieser Kategorie prüfte das DKI den Informationsgehalt der Websites der Anbieter zu den Themen ESG-Fonds und nachhaltige Investments. Dabei achteten die Tester unter anderem darauf, ob über Aufnahme- und Ausschlusskriterien für die Fonds sowie über die ESG-Strategie des Anbieters informiert wird. Zudem bewertete das DKI, wie transparent die Informationen zur Verfügung gestellt werden.
Angebot (Banken: 20 Prozent, AM: 15 Prozent): Die Prüfer checkten die Anzahl der angebotenen ESG-Fonds sowie die Vielfalt der Anlageklassen (Aktienfonds, Rentenfonds, festverzinsliche Wertpapiere), in denen ESG-Investments möglich sind. Bei den Banken ging es zudem etwa um Depotgebühren.