Bis Jahresende soll das Embargo zudem alle raffinierten Öl-Produkte umfassen. Die 27 EU-Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag der Kommission noch zustimmen. Ungarn und die Slowakei hatten bereits Vorbehalte angemeldet. EU-Kreisen zufolge sollen sie durch eine Ausnahmeregelung Öl bis Ende 2023 beziehen können. Das sechste EU-Sanktionspaket nimmt ferner die russische Sberbank ins Visier. Mit Sanktionen belegt werden zudem mutmaßliche Verantwortliche für Morde an Zivilisten in der Ukraine.

Um ein Öl-Embargo wurde seit Wochen intensiv gerungen. Deutschland hatte nach anfänglicher Skepsis seinen Widerstand aufgegeben und es unterstützt. Hintergrund ist, dass die Abhängigkeit von russischen Importen schneller als vermutet von einst 35 Prozent gesunken ist. Wirtschaftsminister Robert Habeck zufolge sind es derzeit noch etwa zwölf Prozent, die im Wesentlichen auf die Raffinerie Schwedt an der Oder entfallen, die vom russischen Rosneft-KonzernROSN.MM kontrolliert wird. Ein sofortiger Stopp der russischen Ölimporte sei zwar handhabbar, hätte allerdings trotzdem Folgen wie Preissprünge und auch Lieferengpässe, hatte Habeck gewarnt. Die Übergangsfristen dürften dies nun abfedern. Von der Leyen sagte, so sollten auch extreme Preissteigerungen auf den internationale Rohölmärkten vermieden werden. Experten-Schätzungen zufolge haben die EU-Länder seit Kriegsbeginn Russland etwa 20 Milliarden Euro für Öl überwiesen.

Nach der Ankündigung des - weitgehend erwarteten - Embargos, stieg der Öl-Preis um rund drei Prozent. Auch in den vergangenen Tagen war er nur mäßig gestiegen. "Das liegt zunächst daran, dass das Embargo über die nächsten Monate nur schrittweise in Kraft tritt", erläuterte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Außerdem fragt China weniger Öl nach, weil seine Wirtschaft wegen der Null-Corona-Politik langsamer wächst. Hinzu kommt, dass Indien den globalen Ölmarkt weniger anzapft, weil es zunehmend russisches Öl kauft."

Die Chemieindustrie warnte, dass das Embargo selbst bei einem Vorlauf von einigen Monaten kein Spaziergang für die Unternehmen werde. "Die Wettbewerbsfähigkeit der Branche wird mehr und mehr belastet", erklärte der Branchenverband VCI. Dennoch unterstütze man den Boycott.

Der Einfluss des Embargos auf die russische Kriegsführung wird vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) skeptisch gesehen: "Hoffnungen auf ein zeitnahes Einlenken Russlands im Ukraine-Krieg angesichts der einschneidenden westlichen Sanktionen dürften enttäuscht werden", sagte IfW-Handelsexperte Rolf Langhammer. "Sowohl die Situation des Staatshaushalts als auch strukturelle Besonderheiten der russischen Wirtschaft schaffen gute Ausgangsbedingungen für ein längeres Durchhalten einer auf Autarkie setzenden Kriegswirtschaft."

Der Vize-Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im russischen Oberhaus, Wladimir Dzhabarow, warf der EU eine Täuschung vor. Die Staaten würden weiter über Dritt-Länder russisches Öl beziehen, sagte er der Agentur RIA. Russland nennt den Einmarsch in der Ukraine eine "Spezialoperation" und bestreitet Kriegsverbrechen.

SANKTIONEN AUCH WEGEN MORDEN IN BUTSCHA


Über das Öl-Embargo hinaus will die EU den Druck auf Russland auch in anderen Feldern erhöhen. So soll die größte russische Bank, die Sberbank, nun ebenfalls aus dem Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden. "Damit wird die vollständige Isolierung des russischen Finanzsektors befestigt", sagte von der Leyen. Sanktionen werden EU-Kreisen zufolge auch die Credit Bank of MoscowCBOM.MM sowie die Russian Agricultural Bank treffen. Die EU wolle der russischen Wirtschaft die Möglichkeit entziehen, sich zu diversifizieren und zu modernisieren, betonte die Kommissionspräsidentin. Um russischer Propaganda entgegenzuwirken, sollen zudem drei Staatssendern des Landes die Sendelizenz in der Europäischen Union entzogen werden. Schließlich soll es der EU-Kommissionschefin zufolge auch persönliche Sanktionen gegen Angehörige des russischen Militärs geben, die für die Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung etwa in Butscha verantwortlich seien.

"Wir wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt", sagte von der Leyen. Dies bedinge auch finanzielle Hilfen. So brauche das Land derzeit monatlich fünf Milliarden Euro, um den Staat aufrechterhalten zu können. Für den Wiederaufbau des Landes seien nach Schätzungen mehrere hundert Milliarden Euro erforderlich. Auch hierbei trage die EU eine besondere Verantwortung. Und am Ende dieses Weges könne dann eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union stehen, sagte von der Leyen unter dem Beifall der Abgeordneten.

rtr