Am vergangenen Dienstag hat das Europaparlament in Brüssel dem Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien für die Zeit nach dem Brexit mit einer überwältigenden Mehrheit zugestimmt. Parlamentspräsident David Sassoli zufolge sprachen sich von 697 abgegebenen Stimmen 660 für das Handelsabkommen aus. Es habe fünf Gegenstimmen und 32 Enthaltungen gegeben. Nach monatelangen Verhandlungen hatten sich die EU und Großbritannien an Heiligabend 2020 auf das Abkommen geeinigt.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte zuletzt für eine Annahme des Vertrages geworben, da er die Rechte der Bürger schütze, wirtschaftliche Probleme verhindere und den EU-Binnenmarkt sowie EU-Standards sichere. Der Vertrag beinhaltet zudem Schlichtungsmechanismen sowie die Möglichkeit, einseitige Sanktionen zu verhängen, falls dies nötig werden sollte.
EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb auf Twitter, dass Großbritannien ein "wichtiger Freund und Partner" bleibe. Der britische Premierminister Boris Johnson bezeichnete die Abstimmung für das Abkommen als "letzten Schritt auf einer langen" Reise. Großbritannien könne nun "in die Zukunft blicken" und globaler werden. "Mit dem Abkommen wollen wir die Rechtssicherheit und Verlässlichkeit sowohl für Unternehmen wie auch für die Bürgerinnen und Bürger erhöhen und so unsere wirtschaftlichen Beziehungen wieder stärken," sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.
Zentraler Punkt des Vertrags ist die Vermeidung von Zöllen. Trotz des Austritts Großbritanniens aus EU, EU-Binnenmarkt und der europäischen Zollunion soll unbegrenzter Handel in beide Richtungen ermöglicht werden. Grenzkontrollen bleiben jedoch bestehen. Dabei wird insbesondere geprüft, ob die gehandelten Produkte den vorgeschriebenen Standards entsprechen. Die Zollfreiheit gilt nur für Waren, die überwiegend in der EU oder in Großbritannien gefertigt wurden - auch das muss überprüft werden.
Auch für Privatkunden in der EU, die Waren beim Onlineshopping in Großbritannien kaufen, ändert sich etwas. Je nach Warenwert, Art und Beschaffenheit können teilweise hohe Kosten anfallen, wie die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von bis zu 19 Prozent oder ein Zolltarif auf Waren mit einem Wert von mehr als 150 Euro. Da die Zollformalitäten von den Versendern in jedem Fall unabhängig vom Warenwert durchgeführt werden müssen, können die Versandkosten und Gebühren sehr teuer werden. Auch Retouren werden aufwendiger und gegebenenfalls teuer, da die Gebühren und Steuern nicht erstattet werden.
Weiterhin beinhaltet der Vertrag Regeln zum Fischfang und zur Zusammenarbeit in Bereichen wie Energiepolitik sowie Transport-, Justiz- und Polizeiwesen. Die EU setzte faire Wettbewerbsbedingungen durch, das sogenannte "Level Playing Field", welches gleiche Sozial-, Umwelt- und Subventionsstandards fordert. Großbritannien profitiert davon durch einen Zugang zum EU-Binnenmarkt.
Ein großer Streitpunkt war, ob Fischer aus der EU Zugang zu britischen Gewässern bekommen sollten. Dabei einigte man sich nun auf eine fünfeinhalb Jahre lange Übergangsphase, in der EU-Fischer in britischen Gewässern 75 Prozent der bisherigen Menge fischen dürfen. Anschließend soll diese Regel jährlich neu angepasst werden.