Zwar werde auf der Zinssitzung am 7. September wahrscheinlich noch keine Entscheidung über die Zukunft der Käufe getroffen. Euro-Wächter aus den wirtschaftlich schwächeren Ländern befürchteten aber, dass ein zu starker Euro Wirtschaftswachstum und Inflationsentwicklung bremsen könnte.

Die 19-Länder-Währung gab zeitweise einen halben Cent auf 1,1846 Dollar nach. "Die Kursreaktion des Euro zeigt, wie empfänglich der Markt für solche Nachrichten ist", sagte Helaba-Analystin Viola Julien. Beim Notenbanker-Gipfel in Jackson Hole hätten Anleger vergeblich auf geldpolitische Signale des EZB-Chefs Mario Draghi gewartet. Der Euro hatte seit Jahresstart zum Dollar etwa 13 Prozent zugelegt. Am Dienstag hatte er mit 1,2069 Dollar den höchsten Stand seit zweieinhalb Jahren markiert. Ein hoher Euro-Kurs macht Waren von Firmen aus dem Währungsraum auf dem Weltmarkt teurer und verschlechtert dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit.

"Der starke Anstieg des Euro führt bereits zu einer geldpolitischen Straffung und entspricht einem Anstieg der Zinsen", sagte einer der Insider. Die mit der Situation vertrauten Personen machten deutlich, dass noch keine konkreten geldpolitischen Vorschläge auf dem Tisch liegen. Die Diskussion werde in der kommenden Sitzung beginnen. "Der Wechselkurs ist ein größeres Thema geworden," sagte ein EZB-Ratsmitglied. Die EZB lehnte eine Stellungnahme ab.

INFLATION KOMMT EZB-ZIEL WIEDER ETWAS NÄHER



Diese Überlegungen werden nicht von allen geteilt. "Man kann nicht beides haben - eine starke Wirtschaft und zugleich eine schwache Währung", sagte ein weiterer Insider. Wirtschaftlich schlägt sich die Euro-Zone inzwischen wacker, die Erholung gewinnt an Fahrt. Auch die Inflation hat sich zuletzt wieder etwas mehr in Richtung des EZB-Ziels von knapp unter zwei Prozent bewegt. Im August zogen die Preise um 1,5 Prozent an. Hauptpreistreiber waren die Energiepreise, die mit 4,0 Prozent weit stärker als im Juli mit 2,2 Prozent stiegen.

Den Insidern zufolge favorisieren die für eine straffere Ausrichtung eintretenden Euro-Wächter - in der Notenbank-Welt "Falken" genannt - einen Ausstieg aus den Anleihenkäufen binnen sechs bis neun Monaten. Der geldpolitische Ausblick der Notenbank, die sogenannte "Forward Guidance", könne als Instrument eingesetzt werden, um den Ausstiegspfad zu umreißen. Eher für einen lockere Kurs eintretende Euro-Wächter - die sogenannten "Tauben" - bevorzugten hingegen eine Weiterführung der Käufe mit verringertem monatlichen Kaufvolumen. 2018 könne über einen Ausstieg beraten werden, wenn es nach wichtigen Lohnrunden in Deutschland mehr Klarheit über die Inflationsentwicklung gebe.

Die kräftige Aufwertung des Euro hatte die Notenbank-Gouverneure schon auf ihrer Zinssitzung im Juli beschäftigt, wie aus den Protokollen des Treffens hervorging. Zwar werteten die Ratsmitglieder den Anstieg auch als Ausdruck verbesserter Konjunkturperspektiven. Zugleich drückten sie aber ihre Sorge aus, dass es künftig zu Übertreibungen beim Wechselkurs kommen könnte.

Die EZB und die nationalen Notenbanken im Euro-Raum erwerben seit März 2015 in großem Stil Staatsanleihen und andere Wertpapiere. Mit dem vor allem in Deutschland umstrittenen Käufen von derzeit monatlich 60 Milliarden Euro soll die Kreditvergabe angekurbelt und die Konjunktur gestützt werden. Letztlich will die EZB dadurch die nach ihrem Geschmack zu niedrige Inflation nach oben treiben. Notenbank-Präsident Mario Draghi sieht die EZB noch nicht am Ziel. Die auf 2,28 Billionen Euro angelegten Transaktionen laufen zum Jahresende aus. Draghi hatte angekündigt, der EZB-Rat werde im Herbst über die Zukunft des Programms entscheiden.

rtr