Eine solche Einigung ist nach Angaben von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem aber weiterhin nicht in Sicht. Die griechische Seite habe zu wenige Vorschläge für Maßnahmen auf den Tisch gelegt, die verlässlich und ernsthaft genug seien, sagte Dijsselbloem dem Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg. IWF-Chefin Christine Lagarde betonte, dass die Gläubiger bereits vernünftige Angebote unterbreitet und dabei frühere Bedingungen abgemildert hätten. Derzeit gebe es zuwenig Dialog. "Das Drängendste ist, dass wir einen Dialog mit Erwachsenen im Raum wiederherstellen", fügte Lagarde hinzu. Sie hatte ebenso wie der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis an der Sitzung teilgenommen. Varoufakis warnte, dass man sich gefährlich einer Gefühlslage annähere, die "einen Unfall hinnimmt". Er kritisierte, dass bei den Verhandlungen der Euro-Gruppe allein die griechische Seite zur Verantwortung gezogen werden sollte.
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GRIECHEN ZIEHEN GELD VON IHREN KONTEN AB
Bei der Sitzung fragte Dijsselbloem Insidern zufolge EZB-Ratsmiglied Benoit Coeure, ob die griechischen Banken am Freitag öffnen könnten. Coeure habe geantwortet: "Morgen ja. Montag - ich weiß es nicht." Wegen des ungelösten Schuldenstreits und der drohenden Staatspleite bringen immer mehr Griechen ihr Geld in Sicherheit. Bankenkreisen zufolge zogen die griechischen Kunden allein zwischen Montag und Mittwoch rund zwei Milliarden Euro von ihren Konten ab.
Griechenland droht am 30. Juni das Geld auszugehen, wenn das aktuelle Hilfsprogramm endet. Zu dem Zeitpunkt werden auch Zahlungen an den IWF in Höhe von 1,6 Milliarden Euro fällig. Laut Dijsselbloem ist es undenkbar, dass vor dem 30. Juni eine mögliche Vereinbarung mit Griechenland umgesetzt wird und eine Auszahlung an das Land erfolgt. Sollte es zu einer Vereinbarung kommen, müsste das aktuelle Hilfsprogramm verlängert werden, um Zeit für die Auszahlung zu gewinnen, sagte der Niederländer. Der Euro-Sondergipfel soll am Montag um 19.00 Uhr MESZ in Brüssel beginnen.
Im Bundestag hatte Merkel auf die Einhaltung des Prinzips Hilfe bei Gegenleistung gepocht. Griechenland sei bereits auf einem guten Weg gewesen, Reformen seien aber immer wieder verschleppt worden. Regierungschef Alexis Tsipras lehnte weitere Einschnitte in das Rentensystem jedoch strikt ab, das einen Großteil der Staatsfinanzen beansprucht. Die Regierung in Athen steht bei ihnen mit rund 240 Milliarden Euro in der Kreide. Allein Deutschland bürgt für gut 50 Milliarden Euro. Hinzu kommt der Anteil an der Absicherung der Hilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) und des IWF. In seinem Jahresbericht merkte der Euro-Rettungsfonds ESM an, dass die griechischen Schulden tragfähig seien, da der Staat bis 2023 nur minimale Rückzahlungen leisten müsse.
Reuters