Bis Ende Juli will der Konzern allerdings einen Plan zur Umschuldung vorlegen, wie das Unternehmen am Dienstag in einer Telefonkonferenz mit Investoren bekräftigte. Schon im Januar hatte Evergrande in Aussicht gestellt, innerhalb von sechs Monaten einen vorläufigen Umschuldungsplan vorzustellen.

Eine Welle von Zahlungsausfällen im chinesischen Immobiliensektor hatte zuletzt die Anleger erschüttert. Zwar sorgte das Vorgehen des Staates dafür, dass sich Befürchtungen an der Börse zerstreuten, es könne zu einem ungeordneten Zusammenbruch von Evergrande kommen. Doch Anleger blieben weiterhin im Dunkeln darüber, ob sie jemals ihr Geld zurückerhalten werden. Den einstigen Star der chinesischen Wohnungsbau-Branche drückt eine Schuldenlast von mehr als 300 Milliarden Dollar.

Evergrande sei bestrebt, seine Kommunikation mit den Gläubigern weiter zu verbessern, um das Ziel Ende Juli zu erreichen, versprach Evergrande-Exekutivdirektor Siu Shawn auf der Telefonkonferenz. Der Immobilienkonzern arbeitet daran, Vermögenswerte zu verkaufen, um einen Teil seiner Offshore-Schulden zurückzuzahlen. Unter anderem sollen das Grundstück Yuen Long in Hongkong sowie das Geschäftsgebäude Evergrande Center verkauft werden.Zwei Insider hatten Reuters zuvor am Dienstag gesagt, der Konzern plane außerdem, Landbesitz, der als Sicherheit für ein Treuhanddarlehen diente, an die Regierung von Guangzhou zurückzugeben.

BLANZPRÜFUNG DAUERT LÄNGER


Das Unternehmen teilte am Dienstag zudem mit, es verschiebe die Veröffentlichung seiner Jahresbilanz 2021. Wirtschaftsprüfer müssten wegen der drastischen Veränderungen in der Geschäftstätigkeit seit der zweiten Jahreshälfte 2021 zusätzliche Kontrollen vornehmen, erklärte der Immobilienentwickler. Der Jahresabschluss werde veröffentlicht, sobald es nach Beendigung der Bilanzprüfung praktikabel sei. Vorerst ist der Handel mit Evergrande-Aktien ausgesetzt.

Nach Einschätzung von Analysten wird die Verschiebung des Jahresabschlusses von Evergrande die Stimmung im Immobiliensektor weiter eintrüben. In den vergangenen Monaten wurde der Sektor in China hart in Mitleidenschaft gezogen, denn Sorgen um die Liquiditätslage und die finanzielle Gesundheit vieler Immobilienfirmen hatten Investoren in Scharen dazu veranlasst, sich von Aktien und Anleihen zu trennen.

Die beiden in Hongkong gelisteten Töchter von Evergrande, die China Evergrande New Energy Vehicle Group und die Evergrande Property Services Group, kündigten ebenfalls an, dass sich die Veröffentlichung ihrer Geschäftszahlen verzögern werde. Das japanische Bankhaus Nomura merkte in einer Studie an, dass bis Montagabend bereits neun in Hongkong gelistete Immobilienentwickler, darunter Evergrande, ihr jeweiliges Datum für die Veröffentlichung der Geschäftsergebnisse noch nicht bekannt gegeben hätten. Unternehmen müssen das Veröffentlichungsdatum mindestens sieben Werktage vor Bekanntgabe ihrer Zahlen mitteilen.

Evergrande hatte in den vergangenen Monaten Zinsen für Auslands-Anleihen nicht mehr fristgerecht bedienen können. Bei internationalen Investoren stand der Konzern zuletzt mit rund 20 Milliarden Dollar im Verzug. Zinszahlungen auf diese Anleihen galten allesamt als überfällig. Evergrande hatte Mühe, Lieferanten und Gläubiger auszuzahlen und Projekte und Häuser fertigzustellen. Evergrande hatte im Dezember einen Risikomanagement-Ausschuss eingerichtet, in dem vor allem Mitglieder von Staatsunternehmen sitzen.

rtr