Trotz Engpässen bei wichtigen Materialien wie Mikrochips wuchsen die Ausfuhren bereits den 14. Monat in Folge, und zwar um überraschend starke 1,3 Prozent zum Mai. Damit lagen die Exporte kalender- und saisonbereinigt mit 1,1 Prozent erstmals wieder höher als im Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Einschränkungen durch die Pandemie in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. "Das Wachstum im Außenhandel wird in erster Linie durch die Nachfrage in den USA, China und nicht zuletzt der EU erzeugt", sagte der Präsident des Branchenverbandes BGA, Anton Börner. Experten warnen, dass die Materialknappheit in der zweiten Jahreshälfte für Rückschläge sorgen dürfte.

"Die Spannungen in der Lieferkette haben die deutschen Exporte noch nicht beeinträchtigt", sagte ING-Ökonom Carsten Brzeski. "Künftig könnte sich dies jedoch noch ändern." Zwar seien die Auftragsbücher nach wie vor gut gefüllt. Doch insbesondere der Mangel an Mikrochips könnte in den kommenden Monaten zum Hemmnis für Schlüsselbranchen wie der Autoindustrie werden. Der BGA sieht ebenfalls eine Reihe von Risiken für den Aufschwung. "Die Reihe der Widrigkeiten im Außenhandel konnte dabei kaum größer sein", sagte Börner. "Sie reichen auch weiterhin von Logistikproblemen mit steigenden Frachtkosten und fehlender Planbarkeit bei der Versendung bis hin zu anhaltenden Einreiseverboten und immer neuen bürokratischen Hürden für den Außenhandel.

"PRODUKTION STOCKT"


Die Industrie sitzt zwar auf prall gefüllten Auftragsbüchern. Allein im Juni legten die Bestellungen mit 4,1 Prozent zum Vormonat so kräftig zu wie seit zehn Monaten nicht mehr. Vielfach können sie aber nicht abgearbeitet werden. In der gesamten Industrie geben inzwischen fast zwei Drittel der Unternehmen an, dass ihnen Engpässe zu schaffen machen, wie das Ifo-Institut in seiner Firmenumfrage herausfand. "Da die Industrieproduktion noch immer stockt, ist allerdings zu befürchten, dass sich der Mangel an Vorprodukten schon bald deutlicher in den Exportzahlen niederschlagen wird", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.

Im Juni verkauften die Unternehmen Waren im Wert von 118,7 Milliarden Euro ins Ausland. Verglichen mit Juni 2020 ist das eine Zunahme von 23,6 Prozent, wobei hier Kalender- und Saisonschwankungen nicht herausgerechnet werden. Dabei wuchsen die Ausfuhren zum wichtigsten Exportkunden USA um fast 40 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro, die nach China um 16,0 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro und die nach Großbritannien um 11,0 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Das Auslandsgeschäft mit den EU-Ländern legte um 26,1 Prozent auf 64,5 Milliarden Euro zu.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hatte seine Exportprognose wegen der von den USA und China angeführten Erholung der Weltwirtschaft kürzlich erhöht. Deutsche Firmen dürften demnach 2021 acht Prozent mehr ausführen. Im gesamten ersten Halbjahr lag das Plus bei 16,7 Prozent, wobei sich die Ausfuhren auf 673 Milliarden Euro summierten. Wegen der Corona-Krise waren sie 2020 um mehr als neun Prozent eingebrochen.

Die Importe stiegen im Juni um 0,6 Prozent zum Vormonat. Sie lagen damit um 10,0 Prozent höher als im Februar 2020, also vor Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland.

rtr