Die unerwartet starke Nachfrage nach Waren "Made in Germany" dämpft die Sorge vor einer Rezession, zumal zuvor schon Industrieaufträge und Produktion überraschend stark zulegten. "Die späten Sommerferien dürften diese Ergebnisse allerdings verzerrt haben", sagte Treier. Die Werksferien begannen deshalb vielerorts später als üblich. "Die Exporte nach Russland haben zudem davon profitiert, dass aus Angst vor verschärften Sanktionen noch schnell Geschäfte unter Dach und Fach gebracht wurden."
Wegen der Ukraine-Krise hatte die EU ihre Strafmaßnahmen gegen Russland Ende Juli unter anderem auf Technologie zur Erdölförderung, Waffen und andere Militärgüter ausgeweitet. Um so stärker könnten die Ausfuhren nach Russland im August gefallen sein, nachdem sie in den ersten sechs Monaten bereits um 15,5 Prozent oder fast drei Milliarden Euro eingebrochen waren.
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"DIE GEFAHREN SIND NICHT WEG"
Die Ausfuhren in die nicht zur Euro-Zone gehörenden EU-Länder - wozu etwa Großbritannien und Polen zählen - zogen im Juli mit 15,9 Prozent zum Vorjahresmonat besonders kräftig an. Die Exporte in die Euro-Länder wuchsen um 6,2 Prozent, die außerhalb der EU - etwa in die USA, China und Russland - kletterten um 7,2 Prozent.
Im Vergleich zum Vormonat kletterten die Gesamtexporte um 4,7 Prozent - gut neunmal so stark wie von Ökonomen erwartet und zugleich so stark wie seit über zwei Jahren nicht mehr. Damit steigen die Chancen für eine Rückkehr zu Wirtschaftswachstum im laufenden Sommerquartal, nachdem das Bruttoinlandsprodukt im Frühjahr um 0,2 Prozent geschrumpft war. Große Sprünge sind aber nicht drin, warnt der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding: "Es dürfte nur zu einem sehr kleinen Wachstum reichen." Darauf deute die deutliche Eintrübung von Stimmungsindikatoren wie dem Ifo-Geschäftsklima hin, die wegen der Eskalation im Streit über das russische Vorgehen in der Ukraine kräftig gefallen sind. "Die aus der Geopolitik resultierenden Gefahren sind damit aber nicht weg", sagte auch DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle mit Blick auf die Ukraine und den Nahes Osten. "Sie schweben weiter wie ein Damoklesschwert über der deutschen Konjunktur."
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SCHWÄCHERER EURO HILFT
Auch die anhaltende Konjunkturflaute in der Euro-Zone - dem größten Abnehmer deutscher Produkte - belastet die Aussichten. Dagegen könnten die Zinssenkung und der geplante Aufkauf von Wertpapieren durch die Europäische Zentralbank (EZB) den Exporteuren helfen, da dadurch der Euro-Kurs deutlich abgewertet hat und unter die Marke von 1,30 Dollar gefallen ist. "Das macht unsere Produkte in anderen Währungsräumen preislich attraktiver", sagte DIHK-Experte Treier. "Diesen Effekt der EZB-Geldpolitik nimmt die deutsche Wirtschaft gerne mit." Er werde aber erst gegen Jahresende spürbar werden.
Auch der Überschuss in der Handelsbilanz - die Differenz zwischen Aus- und Einfuhren - erreichte mit 23,4 Milliarden einen neuen Höchstwert. Das liegt auch daran, dass die Importe nur um 1,0 Prozent zum Juli 2013 stiegen und zum Vormonat sogar um 1,8 Prozent schrumpften. Die deutschen Überschüsse stehen international in der Kritik. Ländern mit hohen Überschüssen stehen solchen mit hohen Defiziten gegenüber, die ihre Importe über Schulden finanzieren müssen.
Reuters