Denn seit Monaten ist die Inflationsrate im Währungsgebiet negativ, und die Aussichten für das laufende vierte Quartal sind wegen der neuen Eindämmungsschritte in vielen Ländern schwach. Dies könnte trotz der Hoffnung auf bald verfügbare Corona-Impfstoffe die ohnehin wackelige Erholung im Euro-Raum bremsen.

Volkswirte gehen davon aus, dass die EZB ihr inzwischen auf 1,35 Billionen Euro angelegtes Pandemie-Anleihekaufprogramm PEPP erneut aufstockt. Manche Experten erwarten eine Erhöhung um rund 500 Milliarden Euro und eine Verlängerung der Käufe bis mindestens Ende 2021. Zudem wird mit besseren Konditionen der großen Liquiditätsspritzen für Banken oder gar mit einer neuen Serie solcher Kreditgeschäfte gerechnet. Eine Senkung des Einlagesatzes, der aktuell minus 0,5 Prozent beträgt, wird von den meisten Volkswirten eher nicht erwartet. Auch eine Senkung des Leitzinses, der seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent verharrt, steht Ökonomen zufolge nicht auf dem Maßnahmenzettel.

Ihren Zinsbeschluss will die EZB um 13.45 Uhr veröffentlichen. Um 14.30 Uhr wird sich Lagarde dann online der Presse stellen. Dabei dürfte sie auch nach den sich weiter hinziehenden Brexit-Verhandlungen gefragt werden. Auch der kräftige Kursanstieg des Euro dürfte Thema werden. Die Gemeinschaftswährung hat seit Mitte Mai rund zwölf Prozent zugelegt. Angesichts der Corona-Krise und der seit Monaten negativen Inflationsraten kommt das den Währungshütern höchst ungelegen.

rtr