Und auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble legte der eigentlich unabhängigen Zentralbank nahe, ihren seit Jahren ultra-lockeren Kurs bald aufzugeben: "Je länger die Niedrigzinsphase andauert, umso größer werden die Belastungen." Vor allem die Sparer leiden - und die Bundesbank sorgt sich bereits um Preisblasen auf dem Immobilienmarkt.

Die EZB ließ die Leitzinsen auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zudem machte sie bei den umstrittenen Anleihenkäufen keine Abstriche. Sie sollen noch bis mindestens Ende 2017 laufen und dann ein Volumen von 2,28 Billionen Euro erreichen. Beide Maßnahmen sollen die Konjunktur stützen und für mehr Inflation sorgen. "Ein sehr erhebliches Ausmaß an geldpolitischer Unterstützung wird immer noch benötigt", sagte Draghi.

"Wir erwarten, dass die Zinsen noch einige Zeit auf demselben Niveau bleiben", ergänzte der Italiener. Die Wahrscheinlichkeit einer Senkung habe sich aber verringert. Es habe auf der Ratssitzung eine "flüchtige Debatte" darüber gegeben, ob die Notenbank dies in ihrem Zinsausblick deutlich machen sollte. Die EZB blieb jedoch bei ihrer seit längerem verwendeten Formulierung, dass die Schlüsselsätze weit über die Zeit des Anleihen-Kaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau oder sogar noch niedriger liegen werden. Draghi verwies darauf, nicht mehr den Satz zu verwenden, dass die EZB notfalls alle verfügbaren Instrumente innerhalb ihres Mandats nutzen werde.

KRITIK AUS DEUTSCHLAND: "DRAGHI HAT CHANCE VERPASST"



Aus Deutschland kamen dennoch kritische Stimmen. "Die EZB hat erneut die Chance verpasst, den Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik einzuleiten", kommentierte die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel. Ifo-Präsident Clemens Fuest forderte, die Anleihenkäufe ab Mai um monatlich zehn Milliarden Euro zu senken. Das bedeute, sie im Mai auf 50 Milliarden zu reduzieren, im Juni auf 40 Milliarden und so weiter. Die Notenbank kauft derzeit Anleihen im Volumen von 80 Milliarden Euro, ab April sollen es nach den EZB-Planungen dann nur noch 60 Milliarden im Monat sein.

Friedrich Heinemann vom ZEW-Institut sagte, es sei richtig, dass die EZB die Finanzmärkte nicht durch hektisches Umsteuern in Unruhe versetze. "Wie bei jedem Ausstieg aus einer Droge ist mit Entzugserscheinungen an den Anleihemärkten zu rechnen, auch Panik-Attacken sind denkbar." Draghi müsse hier die Erwartungen noch mit klareren Aussagen steuern.

DIE INFLATION IST ZURÜCK



Die Inflation im Euro-Raum war im Februar auf 2,0 Prozent nach oben geschnellt. Die EZB peilt aber einen Wert von knapp unter zwei Prozent an. Dieser gilt als ideal für die Wirtschaft. In Deutschland verteuerten sich Waren und Dienstleistungen zuletzt um 2,2 Prozent an, in Spanien sogar um 3,0 Prozent. In den kommenden Monaten dürfte die Rate bei etwa zwei Prozent verharren, sagte Draghi. Dazu trügen vor allem höhere Energiepreise bei. Für das Gesamtjahr erwarten die EZB-Volkswirte eine Inflation von 1,7 Prozent, deutlich mehr als zuletzt.

Draghi ist aber die sogenannte Kerninflation ein Dorn im Auge. Bei dieser werden die schwankungsanfälligen Öl- und Lebensmittelpreise ausgeklammert. Dieses Inflationsmaß verharrt seit Monaten bei Werten unter einem Prozent.

rtr