Es brauche sehr günstige Finanzierungsbedingungen, um die Inflation in Richtung des EZB-Ziels von knapp unter zwei Prozent zu treiben. Ein Ausstieg aus den Konjunkturhilfen sei auf dem Ratstreffen der Notenbank nicht diskutiert worden.

"Weniger pessimistisch - so könnte man mit zwei Worten die heutige EZB-Entscheidung und anschließende Pressekonferenz zusammenfassen", kommentierte Ökonom Uwe Burkert von der Landesbank Baden-Württemberg. Zu einer Änderung des Ausblicks habe sich der EZB-Rat allerdings nicht durchringen können. "Dieser Schritt könnte im Juni anstehen", so Burkert. Sein Kollege Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe ist aber skeptisch. Die EZB habe am Zinsausblick festgehalten. "Weder das Statement noch die Pressekonferenz vermitteln den Eindruck, dass sich dies bei der nächsten Sitzung im Juni ändern wird."

Unlängst hatten Insider der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, dass es nach zuletzt positiven Wirtschaftsdaten und der Erleichterung über das Ergebnis der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl Spielraum für Veränderungen auf dem Juni-Treffen gebe. Experten sagen für die Stichwahl am 7. Mai voraus, dass der europafreundliche Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron im Duell mit der rechtsextremen Euro-Gegnerin Marine Le Pen siegen wird. Doch Le Pen ist einer neuen Umfrage zufolge besser als Macron in die entscheidende Phase gestartet. Draghi wollte sich nicht zum Votum in Frankreich äußern.

INFLATION ZIEHT AN - KRITIK AUS DEUTSCHLAND



Ihren Leitzins beließ die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Dort liegt er bereits seit März 2016. Damit will die EZB für günstige Finanzierungsbedingungen sorgen. Auch die in Deutschland umstrittenen Käufe von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren sollen wie geplant bis mindestens Ende 2017 fortgesetzt werden - und dann ein Volumen von 2,28 Billionen Euro erreichen. Die Schlüsselzinsen sollen zudem weit über die Zeit der Anleihenkäufe hinaus auf dem derzeitigen Niveau oder sogar noch niedriger liegen.

Die Kritik aus Deutschland an der EZB war zuletzt wieder lauter geworden. So forderte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble einen Kurswechsel. Draghi wies dies zurück. Es entbehre nicht einer gewissen Ironie, dass sich "Verfechter der Unabhängigkeit der Notenbank" so äußerten, sagte er, ohne näher auf das Thema eingehen zu wollen.

In Deutschland legte die Teuerungsrate im April auf 2,0 Prozent zu. Für die am Freitag anstehenden Inflationsdaten für den gesamten Währungsraum rechnen Experten mit einem Anstieg auf 1,8 Prozent - nach 1,5 Prozent im März. "Wir haben noch nicht genügend Beweise, um unsere Einschätzung des Inflationsausblicks zu ändern", sagte Draghi. Die Notenbank sei nicht ausreichend zuversichtlich, dass die Teuerung sich nachhaltig und selbstragend dem EZB-Ziel nähere. Über vorübergehende Ausschläge werde sie hinwegsehen.

rtr