Mit den am Mittwoch vorgestellten Plänen der US-Notenbank wird der Boden für die Zinswende bereitet. Fed-Chef Jerome Powell machte deutlich, dass die Wirtschaft die Hilfen nicht mehr benötigt und die Zeiten des billigen Geldes bald gezählt sind: Angesicht der hohen Inflation und der raschen Fortschritte am Arbeitsmarkt sei die Fed "sehr, sehr gut aufgestellt für Zinserhöhungen".
Der Arbeitsmarkt macht aus Sicht des Notenbankchefs rasche Fortschritte auf dem Weg zu Vollbeschäftigung, dem erklärten Ziel der Fed. Mit 4,2 Prozent sei die Quote bereits in der Nähe der Vier-Prozent-Marke angekommen, betonte Powell. Zugleich schrillen wegen der rasant steigenden Preise die Alarmglocken bei der Notenbank. Die Inflation sei "weit über das Ziel" der Notenbank hinausgeschossen, warnte Powell.
An den Terminmärkten wird mittlerweile für Mai 2022 fest mit der Zinswende gerechnet. Wie aus dem Ausblick der Währungshüter hervorgeht, halten diese im Mittel drei Zinsschritte nach oben im kommenden Jahr für angebracht. Ende 2022 würde das Niveau dann bei 0,9 Prozent liegen. Einstweilen beließen die Währungshüter den Leitzins aber in der Spanne von null bis 0,25 Prozent.
"AGGRESSIVE SEITE DER FED"
Die Aussicht auf eine straffere US-Geldpolitik ermunterte Anleger zum Kauf von Dollar. Mit US-Aktien deckten sich Investoren ebenfalls ein. Die Wall Street schloss nach Powells Ankündigung deutlich im Plus. "Am Aktienmarkt hatten Investoren darauf gehofft, die aggressive Seite der Fed zu sehen. Ihnen gefällt, dass die Fed endlich gegen die Inflation vorgeht, die außer Kontrolle geraten ist", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade.
Die Fed sieht sich mit dem stärksten Inflationsdruck seit Anfang der 80er Jahre konfrontiert. Die Verbraucherpreise stiegen im November um 6,8 Prozent. Das Ziel der Notenbank liegt bei 2,0 Prozent. "Die US-Inflationsdaten für November waren angesichts des stärksten Preisdrucks seit fast 40 Jahren eine Steilvorlage, welche die Fed gewissermaßen zum Handeln gezwungen hat", meint LBBW-Analyst Elmar Völker.
In ihrer nun aktualisierten Inflationsprognose geht die Fed davon aus, dass die Teuerungsrate auch 2022 mit 2,6 Prozent erhöht bleiben wird. Vor allem Energiepreise, Engpässe bei Lieferketten und Corona-bedingte Nachholeffekte sorgen derzeit für anhaltenden Preisdruck.
ZEW-Experte Friedrich Heinemann sieht auch die massiven Konjunkturspritzen der Regierung von Präsident Joe Biden als Treiber der Teuerung: "Die sehr hohe US-Inflationsrate von über sechs Prozent zeigt inzwischen deutlich, dass das Biden-Konjunkturpaket überdimensioniert war und über das Ziel hinausgeschossen ist." Eine durch historisch hohe Staatsschulden angefachte Nachfrage treffe auf ein durch Lieferengpässe eingeschränktes Angebot. "Dieser Mix ist hochinflationär, so dass die Geldpolitik nun gegensteuern muss."
Weltbank-Präsident David Malpass hatte jüngst einen Kurswechsel in der internationalen Geldpolitik gefordert. Die enormen Anleihekäufe der Zentralbanken gehörten "zu den makroökonomischen Wurzeln der Inflation", sagte der 65-jährige Amerikaner dem "Handelsblatt".
rtr