Dass der US-Präsident vom Fed-Kurs nicht begeistert ist, lässt Powell kalt: Bei geldpolitischen Entscheidungen spielten "politische Faktoren oder ähnliches" keine Rolle, betonte er. "Das wichtigste Signal ist, dass die Fed dem Druck von Trump standhält und sich nicht von ihrem Kurs abbringen lässt", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher. Trump ist auf hohe Wachstumsraten fixiert und wünscht sich niedrige Zinsen. Wahrscheinlich wird trotzdem noch eine weitere Zinserhöhung 2018 hinzukommen, wie aus dem Ausblick der US-Währungshüter hervorgeht. Nächstes Jahr haben sie dann drei Anhebungen auf dem Zettel.
Gut zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zog die Fed zugleich einen Schlussstrich: Sie kippte die bewährte Formulierung ersatzlos aus ihrem Skript, wonach die Geldpolitik der Konjunkturförderung diene. "Diese Veränderung signalisiert aber keinen Wechsel beim geldpolitischen Kurs", so Powell. Er persönlich halte die Zinspolitik ohnehin weiter für konjunkturstimulierend.
Mit den Zinserhöhungen kann die Fed einer Überhitzung der Wirtschaft vorbeugen, die von Trumps radikaler Steuerreform zusätzlich befeuert wird. "Die Notenbank musste jetzt handeln. Denn der heiß gelaufene Jobmarkt mit dem starken Arbeitsplatzaufbau macht eine Straffung derzeit nötig", sagte Ökonom Nathan Sheets vom Vermögensverwalter PGIM.
"TRUMP DARF SICH JETZT NICHT BESCHWEREN"
Ökonom Friedrich Heinemann vom Mannheimer Forschungsinstitut ZEW sieht allerdings auch den von Trump angezettelten Handelsstreit als einen der Gründe dafür, dass die Notenbank die Zügel strafft: "Der amerikanische Präsident darf sich jetzt nicht über eine Beschleunigung der Zinserhöhungen beschweren. Seine Zollpolitik ist eine der Ursachen für die rasche Gangart." Denn die US-Sonderzölle auf chinesische Importe dürften für zusätzlichen Inflationsdruck sorgen.
Seit Anfang Juli haben sich die beiden größten Wirtschaftsmächte der Welt mit Straf- und Vergeltungszöllen überzogen. Erst am Montag verschärften die USA den Konflikt abermals. Es traten Zölle auf chinesische Importgüter im Wert von 200 Milliarden Dollar in Kraft. Zugleich wurden Gegenzölle der Volksrepublik auf Waren im Volumen von 60 Milliarden Dollar wirksam.
Auch andere Schwellenländer blicken mit Sorge nach Washington: Denn die zusehends straffere Linie der Fed hat dazu beigetragen, dass Währungen aufstrebender Volkswirtschaften wie etwa der Türkei und Argentiniens jüngst in Turbulenzen geraten sind. Wegen immer höherer US-Zinsen werden Anlagen in Schwellenländern weniger attraktiv. Die Folgen sind Kapitalflucht und fallende Devisenkurse.
Mit der erneuten Zinserhöhung in Washington wird auch die Kluft zur Euro-Zone immer größer, wo die EZB noch "mindestens über den Sommer 2019" hinaus am Nullzins festhalten will. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland erwarten in ihrem Gutachten für die Bundesregierung, dass die Europäische Zentralbank erst ab Ende 2019 die Zügel anziehen wird, so dass der Leitzins dann Ende 2020 bei 0,75 Prozent liegen dürfte. Zum Vergleich: Die US-Währungshüter signalisierten, dass sie ihren Schlüsselsatz dann bereits auf 3,375 Prozent hochgeschraubt haben dürften.
rtr