Zugleich bereitet die Fed die Finanzmärkte darauf vor, dass das in der Corona-Krise gestartete große Wertpapierkaufprogramm schon bald heruntergefahren wird. Womöglich werde der Startschuss dafür im November fallen, betonte Fed-Chef Jerome Powell.
Die Anleihenkäufe seien noch sinnvoll. "Doch es ist an der Zeit sie herunterzufahren", sagte er. Mitte nächsten Jahres könnte demnach der Prozess bereits abgeschlossen sein, der im Finanzjargon als "Tapering" bekannt ist. Die Geldspritzen im Umfang von monatlich 120 Milliarden Dollar will die US-Notenbank niedriger dosieren, falls sich weitere Fortschritte bei Preisstabilität und Arbeitslosigkeit in etwa so wie erwartet einstellen sollten.
Daher richten sich nun alle Blicke auf den anstehenden Arbeitsmarktbericht für September, nachdem die Jobdaten im August enttäuschend ausgefallen waren. Powell erklärte, er sehe die angestrebten Fortschritte als bereits "fast erreicht" an. Um die Anleihenkäufe verringern zu können, müsse der Arbeitsmarktbericht nicht unbedingt sehr stark, aber zumindest "ordentlich" ausfallen.
Mit Blick auf die Fortschritte bei der Inflation kann die Fed laut Powell bereits einen Haken setzen. Die Teuerungsrate in den USA ist wie in vielen anderen Regionen der Welt zuletzt kräftig gestiegen - etwa wegen Lieferengpässen und als Folge der Corona-Krise. Waren und Dienstleistungen kosteten im August 5,3 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.
Die Notenbank geht in ihrer neuen Prognose davon aus, dass die Inflation dieses Jahr auf einen Wert von 4,2 Prozent steigen wird - das wäre mehr als doppelt so hoch wie von der Fed angestrebt. Doch bereits nächstes Jahr dürfte der Preisauftrieb aus Sicht der Fed mit dem Nachlassen der Materialengpässe auf einen Wert von 2,2 Prozent zurückgehen, der zumindest im Zielbereich der Notenbank liegt.
STREIT ÜBER SCHULDENOBERGRENZE
"Für die Fed zeichnet sich jetzt die Exit-Strategie in ersten Konturen ab", resümierte ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. Auf dem langen Weg der Normalisierung warteten aber viele Risiken und mögliche Rückschläge. "Der Konflikt im Kongress über die Anhebung der Verschuldungsgrenzen ist dabei kurzfristig eine besonders akute Gefahr", führte Heinemann aus.
Die regierenden Demokraten konnten die Republikaner bislang nicht zu einer Zustimmung zu einer Erhöhung der Obergrenze bewegen, womit die Finanzkraft des Staates im Oktober auf der Kippe steht. Powell betonte, es sei sehr wichtig, dass die Schuldenobergrenze rechtzeitig erhöht werde. Ansonsten drohe der Wirtschaft schwerer Schaden. Zugleich machte er deutlich, dass die Fed dann nicht den Krisenmanager spielen könne. "Niemand sollte annehmen, dass die Fed die Märkte oder die Wirtschaft komplett schützen könnte, falls es zu einem Zahlungsausfall kommen sollte", betonte Powell.
Die USA haben eine gesetzlich festgelegte Grenze, wie viel neue Schulden die Regierung zur Begleichung ihrer Ausgaben machen kann. Das Limit wird in relativ regelmäßigen Abständen angehoben, dem muss aber der Kongress zustimmen. Wird die Obergrenze nicht erhöht, kann der Staat kein weiteres Geld leihen, seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen und auch seine fällig werdenden Altschulden nicht begleichen. Sechs ehemalige US-Finanzminister, darunter auch der Republikaner Henry Paulson, haben den Kongress ebenso wie die aktuelle Amtsinhaberin Janet Yellen aufgefordert die Obergrenze zu erhöhen. Yellen befürchtet eine Zahlungsunfähigkeit, wenn das Finanzministerium seine Zahlungsreserven und außerordentlichen Kreditaufnahmekapazitäten ausgeschöpft hat.
Yellen hatte vor Powell die Notenbank geführt, wurde aber von dem früheren US-Präsidenten Donald Trump nicht für eine zweite Amtszeit nominiert. Powells Amtszeit läuft im Februar aus. Es wird damit gerechnet, dass US-Präsident Joe Biden in den kommenden Wochen bekanntgibt, ob er Powell für weitere vier Jahre nominiert. Powell wollte sich auf der Pressekonferenz nicht dazu äußern, wie seine Chancen stehen. Er sei auf seine Arbeit fokussiert, betonte der Fed-Chef.
rtr