Unterschiedlicher könnten die Vorzeichen nicht sein: Die Wirtschaft in Europa hat gerade erst Tritt gefasst, die Fed hingegen muss bereits eine Überhitzung fürchten: "Die Uhr tickt: Die Fed muss stärker bremsen", warnt Ökonom Bernd Weidensteiner von der Commerzbank.
Die US-Notenbank hat über die Jahre ihre Bilanz auf 4,5 Billionen Dollar aufgebläht, um die im Sog der Finanzkrise abgestürzte Konjunktur wieder aufzurichten. Diese sehr lockere Geldpolitik passt nicht mehr zu dem massiven Stellenzuwachs am Jobmarkt, der sich mit einer Arbeitslosenquote von zuletzt 4,7 Prozent der Vollbeschäftigung annähert. Auch die Inflation legt zu und rückt an die von der Fed angestrebte Marke von zwei Prozent heran.
Die Notenbank wird nach Ansicht Weidensteiners stärker unter Druck geraten, die geldpolitischen Zügel zu straffen: "Wenn das Beschäftigungswachstum 2018 nicht abflaut, droht der Wirtschaft eine Überhitzung", warnt der Ökonom. Zusätzlich angefacht werden könnte das US-Wachstum durch Trumps Pläne, ein billionenschweres Investitionsprogramm aufzulegen und Steuern zu senken.
Eine heiß laufende Wirtschaft will die Fed verhindern: "Im späteren Jahresverlauf" soll das Abschmelzen der Riesenbestände an Staatsanleihen und Hypothekenpapieren beginnen. Dazu haben sich die meisten Währungshüter auf der Zinssitzung im März bekannt. Bei diesem Treffen hatten sie bereits den Leitzins auf 0,75 bis 1,0 Prozent erhöht. Angesichts der rund laufenden Konjunktur will die Fed schrittweise nachlegen.
"FED WIRD DEN GELDHAHN ZUDREHEN"
Bereits für Mitte des Jahres rechnen die Märkte mit dem zweiten Zinsschritt nach oben in diesem Jahr, dem ein dritter folgen könnte. Der Chef des Fed-Ablegers San Francisco, John Williams, schließt gar einen vierten nicht aus. Zudem erscheint es ihm sinnvoll, mit dem Abschmelzen der Bilanz "gegen Ende des Jahres" zu beginnen. "Die US-Notenbank wird den Geldhahn zudrehen", sagt Ökonom Milan Cutkovic vom Handelshaus AxiTrader und prophezeit den Investoren ein Ende der rosigen Zeiten. Die auf immer neue Rekordstände gestiegenen US-Börsen müssten sich darauf einstellen, dass ihnen Liquidität entzogen werde. "Es verdichten sich die Anzeichen, dass die Zeit der ultralockeren Geldpolitik schneller zu Ende gehen könnte als von vielen erwartet", äußerte der Experte.
Die Banken an der Wall Street hatten sich bislang darauf eingestellt, dass sich die Fed erst Mitte 2018 an das Eindampfen ihrer aufgeblähten Bilanz machen werde. Nun wird es wohl früher so weit sein: "Das Dezember-Treffen der Fed dürfte der wahrscheinlichste Termin dafür sei", sagt Paul Ashworth vom Analysehaus Capital Economics. Die Fed hält ihr Wertpapierportfolio seit längerem konstant, da sie Einnahmen aus auslaufenden Anleihen in den Kauf neuer Papiere steckt.
SANFT ODER ABRUPT?
Auch wenn sich die Währungshüter weitgehend einig sind, dass die Bilanz schrumpfen muss, gibt es offenbar noch keinen Plan. Diskutiert wird eine eher sanfte Variante, die ein schrittweises Auslaufen der Reinvestitionen vorsieht. Das soll die Gefahr von Schwankungen an den Märkten verringern. Andere befürworten hingegen ein abruptes Ende der Käufe.
Von solchen Überlegungen will EZB-Chef Mario Draghi in seinem Währungsraum noch nichts wissen. Die Wirtschaft bleibe nach wie vor abhängig von einem "sehr erheblichen Ausmaß" geldpolitischer Unterstützung. Die EZB hält ihre Leitzinsen auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zudem pumpt sie über den Kauf von Anleihen und anderen Wertpapieren Woche für Woche Milliarden in das Finanzsystem. Die auf 2,28 Billionen Euro angelegten Käufe sollen noch bis mindestens Ende dieses Jahres laufen.
Laut DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier steht jedoch auch die EZB vor einer Trendwende: "Auf der September-Sitzung dürfte sie gemäß dem Motto 'Dosis verringern, Rezept verlängern' eine Verlängerung der Anleihekäufe bis ins erste Halbjahr 2018 bekanntgeben, aber das Volumen wohl um zehn auf dann 50 Milliarden Euro pro Monat verringern." Beenden werde die EZB das Programm voraussichtlich im Laufe des kommenden Jahres, während der Bilanzabbau der Fed dann bereits voll im Gang sein dürfte.