Wir beziehen seit fast 20 Jahren Fernwärme. In dieser Zeit hat der Versorger immer wieder deutlich die Preise erhöht. Das möchte ich nicht mehr akzeptieren. Allerdings habe ich gelesen, dass ich nicht kündigen kann. Stimmt das? Bin ich ewig gebunden?
Euro am Sonntag: Richtig ist, dass Bezieher von Fernwärme kein Sonderkündigungsrecht aufgrund von Preiserhöhungen haben. Welche Handlungsmöglichkeiten trotzdem gegeben sind, hängt von verschiedenen Rahmenbedingungen ab.
Alle Verträge, so erläutert Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, enthalten sogenannte Preisänderungsklauseln. In diesen wird bereits bei Vertragsabschluss festgelegt, welche Kostensteigerungen weitergegeben werden dürfen. Ändert ein Versorger die Erzeugungsart, sollte dieser in seinem Interesse auch die Preisänderungsklausel anpassen, sonst wird diese unwirksam, und Verbraucher können sich erfolgreich wehren. Ebenso gibt es laut Wallraf Einspruchsmöglichkeiten, wenn der entsprechende Passus - "was durchaus vorkommt" - so intransparent formuliert ist, dass Kunden Preisgestaltung und/oder -steigerung nicht nachvollziehen können.
Da die ganze Thematik aber sehr komplex ist, kommt man im Streitfall um die Einschaltung eines spezialisierten Anwalts oft nicht herum. Ebenso kann es hilfreich sein, unberechtigt erscheinende Erhöhungen der zuständigen Kartellbehörde zu melden. Weil Fernwärmeerzeuger aus technischen Gründen faktisch eine Monopolstellung haben, ist diese die zuständige - und gegebenenfalls eingreifende - Kontrollinstanz.
Lange Laufzeiten
Womit wir zu Ihrer zweiten Frage kommen: "Ewig" gebunden sind Sie nicht, denn der Vertrag, den Sie mit Ihrem Versorger abgeschlossen haben, hat - wie alle Verträge mit Energieversorgern - eine befristete Laufzeit. Aber bei Fernwärme darf sie ungewöhnlich lang sein, laut Fernwärmeverordnung bis zu zehn Jahre. Danach verlängert sie sich jeweils um fünf Jahre, sofern sie nicht gekündigt wird. Es gibt aber auch Anbieter, die versuchen, ihre Kunden länger zu binden, was allerdings von Verbraucherschützern seit Jahren bemängelt wird. Längere Laufzeiten dürfen daher laut Rechtsprechung nur abgeschlossen werden, wenn dies auch vom Verbraucher ausdrücklich gewünscht wird.
Wer nun aber glaubt, mit der Kündigung auch auf eine andere, kostengünstigere Energieform umsteigen zu können, sieht sich schnell getäuscht - und zwar aus zwei Gründen. Zum einen gibt es Gebiete, in denen von vornherein ein Anschluss- und Bezugszwang für Fernwärme existiert. Wer dort lebt (man geht davon aus, dass dies etwa ein Drittel der Fernwärme-Haushalte betrifft), hat also überhaupt keine Wahl - es sei denn, er wechselt den Wohnort. Begründet wird dies von den Kommunen damit, dass der Aufbau eines Fernwärmenetzes hohe Investitionskosten verursacht, und ein Netz umso lohnender wird, je mehr Haushalte angeschlossen sind. Vom Ansatz her zu verstehen, betont Wallraf. Dass dieser Zwang in der Regel aber auch besteht, wenn die Investitionskosten längst erwirtschaftet sind, stößt auf ihre Kritik.
Oft rechnet sich ein Wechsel gar nicht
Allerdings - und das ist der zweite Grund: Auch wenn es den Anschlusszwang nicht gibt, ist ein Wechsel in der Regel mit hohen Kosten verbunden, beispielsweise für den nachträglichen Einbau eines Kamins und/oder Heizkessels. Wallraf: "Oft lohnt sich das dann gar nicht." Dennoch, so die Expertin, sollte man seine Kündigungsfristen immer im Blick haben. Denn eine Kündigung kann genutzt werden, um Kosten zu sparen. Der Preis für Fernwärme setzt sich aus der Anschlussleistung (Grundpreis) und dem Arbeitspreis (Verbrauch) zusammen. Ist Ersterer zu hoch berechnet oder haben sich die Bedingungen geändert, etwa weil das Haus gedämmt wurde, lässt sich durch einen Neuabschluss deutlich sparen, indem der Grundbedarf niedriger angesetzt wird. Manche Anbieter senken bei Dämmung sogar während der Laufzeit. Nachzufragen kann sich also lohnen.
Mitunter ist es auch erlaubt, zusätzlich erneuerbare Energie zu gewinnen und so den Wärmebedarf zu reduzieren, zum Beispiel durch den Einsatz von Solarpanels auf dem Dach.