Die nun kritisierten Arbeitsbedingungen sind aber auch eine Folge des hohen wirtschaftlichen Drucks, dem sich die Unternehmen ausgesetzt sehen.
Während die deutschen Verbraucher ähnlich viel Fleisch kaufen, wie in anderen europäischen Ländern, sind sie nicht bereit, dafür auch so viel wie in anderen Ländern zu zahlen. So macht Fleisch im deutschen Warenkorb, also in der Güterauswahl, die sämtliche Waren und Dienstleistungen zur Ermittlung der Preisveränderungen erfassen soll, überhaupt nur 2,2 Prozent aus. In der gesamten Europäischen Union sind es schon 3,5 Prozent, in Frankreich 3,6 Prozent und in Italien sogar 3,8 Prozent. Dabei ist der Fleischverbrauch je Kopf in diesen Ländern nicht höher als in Deutschland. Die Spanier geben sogar 4,6 Prozent ihrer gesamten Ausgaben für Einkäufe und Dienstleistungen für Fleisch aus. Allerdings wird in Spanien auch mehr Fleisch verzehrt als in Deutschland, Frankreich oder Italien.
Im Vergleich zwischen den großen europäischen Ländern geben also die Deutschen mit großem Abstand am wenigsten Geld für Fleisch aus, obwohl sie nicht weniger davon konsumieren. Immerhin sind in den letzten Jahren in Deutschland sowohl die Erzeugerpreise, als auch die Verbraucherpreise für Fleisch überdurchschnittlich gestiegen. Dies gilt im europäischen Vergleich genauso wie im innerdeutschen Vergleich mit anderen Nahrungsmitteln und der allgemeinen Preisentwicklung. Der Trend bewegt sich also in die richtige Richtung: Gute Qualität ist eben teurer.
Allerdings ist der Nachholbedarf beim Preisniveau für Fleisch noch beträchtlich. Das Problem scheint erkannt zu sein, aber der Weg bis zur Behebung ist noch lang. Ein anhaltendes Umdenken in den Köpfen der deutschen Verbraucher wäre dazu aber Grundvoraussetzung.
Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.