von Martin Blümel

Krise gelöst? Griechenland und der Rest der Eurozone haben sich vergangenes Wochenende auf ein neues Hilfsprogramm geeinigt. Das monatelange Hin und Her ist damit beendet. Zumindest für den Moment. An der Börse ging es denn auch erst mal nach oben. Doch hat das Bestand? Sind die Kurse nun mittelfristig wieder "eingenordet" und auf Rallykurs?

Die beschlossenen Maßnahmen sind jedenfalls umfangreich und deutlich härter als zuvor: Griechenland muss liefern, bevor neues Geld fließt. Dass ein Treuhandfonds für Privatisierungen eingerichtet wurde, ist für Griechenland vielleicht demütigend, aber die harte Linie scheint absolut notwendig zu sein - man denke an die vorangegangenen Rückzieher und Zaudereien. Die will man wohl ein für alle Mal vermeiden. Von einem Vertrauensverhältnis zwischen den "Kontrahenten" kann wirklich keine Rede mehr sein.

Ob die Maßnahmen die Krise nun aber dauerhaft lösen, sei dennoch dahingestellt. Papier ist geduldig. Und Gesetze, so sie denn beschlossen werden, müssen letztlich auch konsequent umgesetzt werden. Das wird dauern. Lange dauern. Die angedachten Reformen in der Verwaltung und am Arbeitsmarkt sind drastisch, und es wäre naiv zu glauben, dass es hier nicht zu Reibungsverlusten kommt.

Und genau das ist das Problem: Wer bitteschön kann und will beruhigt in ein Land investieren, in dem die Grundfesten derart erschüttert sind? In dem die Wirtschaft komplett zum Erliegen gekommen ist. In dem es an Rechtssicherheit fehlt. In dem die Banken dringend rekapitalisiert werden müssen. In dem die Banken in Sachen Zahlungsverkehr erst mal wieder verlässlich und dauerhaft funktionieren müssen. Ohne private Investitionen aber kann es in Griechenland nicht vorangehen. Nicht mit neuen Arbeitsplätzen und nicht mit Steuereinnahmen.

Auf Seite 2: Auch politisch ist keine Stabilität vorhanden





Auch politisch ist keine Stabilität vorhanden. Die Regierung muss auf die Stimmen der Opposition setzen, um die Gesetze im Parlament zu beschließen. Wie lange wird das gut gehen? Griechenlands Arbeitsminister Panos Skourletis, ein Vertrauter von Premierminister Alexis Tsipras, erklärt offen, dass er mit Neuwahlen noch in diesem Jahr rechnet. Behält er recht, dann drohen noch viel länger Stillstand und noch viel mehr Chaos in Griechenland.

Die Lösung, die in Brüssel vereinbart wurde, ist eine politische Lösung, das ist klar. Die Eurozone wird zusammengehalten auf Teufel komm raus - wenn auch angeblich nicht um jeden Preis. Wer Alternativen anspricht, etwa einen (temporären) Grexit, bekommt den Zorn Andersdenkender zu spüren. Sachlich debattiert wird nicht. Ein gefährlicher Kurs. Denn gelingt es Griechenland nicht, die Reformen ernsthaft umzusetzen, wird es zu weiteren Krisengipfeln kommen und Athens Schuldenberg weiter wachsen. Auf das nun dritte Hilfspaket wird ein viertes folgen, vielleicht ein fünftes. Und das einst eher kleine Problem wird zu einem wirklich großen.

Wie geht es also weiter in den kommenden Wochen? Was wird aus dem Internationalen Währungsfonds, den die Griechen am liebsten aus dem Land werfen möchten? Was wird aus den geforderten Gesetzesvorhaben? Kommt es doch noch zum Schuldenschnitt, weil die Lage weiter eskaliert? Und wie wirkt das alles auf die anderen Euro-Krisenländer? Fordern die dann Gleichbehandlung? Fast könnte man befürchten, dass der Eurozone das Schlimmste noch bevorsteht.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com