Zwischen Juli und September stieg das Bruttoinlandsprodukt zwar mit 0,3 Prozent etwas langsamer als zuletzt, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte und so eine Schätzung von Mitte November bestätigte. Grund war der schwächelnde Außenhandel wegen der mauen globalen Konjunktur. Für Impulse sorgten aber die Ausgaben des Staates, die mit 1,3 Prozent so stark stiegen wie seit den Konjunkturpaketen 2009 nicht mehr. "Natürlich spielen die Flüchtlingskosten da mit rein", sagte ein Statistiker zu Reuters. "Das sind die ersten Auswirkungen, die sich im Staatskonsum bemerkbar machen." Auch die Bürger kurbelten mit ihrer Kaulaune das Wachstum spürbar an.

Damit legte die Wirtschaftsleistung das fünfte Quartal in Folge zu. Allerdings verlor die Erholung an Fahrt, denn im Frühjahr hatte es noch 0,4 Prozent Wachstum zum Vorquartal gegeben. Die erfolgsverwöhnten Exporteure mussten der Abkühlung der Weltwirtschaft Tribut zollen. "Das liegt vor allem an der Schwäche der Schwellenländer", sagte DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. "Ohne Hilfe des gesunkenen Euro-Kurses und der anziehenden Konjunktur in den Industrieländern wäre es noch schlechter ausgefallen." Insgesamt bremste der Außenhandel so stark wie seit zwei Jahren nicht mehr, da die Exporte mit 0,2 Prozent weniger stiegen als die Importe mit 1,1 Prozent. In diesen Jahr droht den deutschen Exporten nach China der erste Rückgang seit 1997.

Zudem hielten sich die Unternehmen mit ihren Ausgaben in Maschinen und Anlagen zurück: Diese sogenannten Ausrüstungsinvestitionen sanken um 0,8 Prozent. "Den Unternehmen fehlt die Absatzperspektive", betonte Scheuerle. "Sie fragen sich: Warum soll ich meine Kapazitäten erweitern, wenn ich nicht weiß, ob ich sie auslasten kann."

"VERBRAUCHER RETTEN DIE KONJUNKTUR"



Für Impulse sorgt weiter der private Konsum mit einem Plus von 0,6 Prozent. Die Deutschen profitieren vor allem vom boomenden Jobmarkt, steigenden Löhnen und der niedrigen Inflation. "Die Verbraucher retten die Konjunktur und machen die Schwäche der Industrie in den Sommermonaten wett", sagte Ökonom Carsten Brzeski von der Großbank ING. "Um die aktuellen und künftigen Herausforderungen zu bestehen, braucht die Wirtschaft aber einen nachhaltigen Investitionsschub." Nur auf die aktuelle Stärke des Konsums zu setzen, "wäre eine gefährliche Strategie".

Die Bundesregierung rechnet dieses Jahr mit einem Wachstum von 1,7 Prozent, das sich 2016 auf 1,8 Prozent beschleunigen soll. 2014 hatte Europas größte Volkswirtschaft um 1,6 Prozent zugelegt.

Reuters