Manche Immobilieneigentümer sollten die aktuelle Zinsentwicklung besonders aufmerksam beobachten. Denn wenn in einigen Jahren die Zinsbindung ihres bisherigen Kredits endet, benötigen sie eine Anschlussfinanzierung.
Konkreter Anlass für solche Überlegungen: Mitte März sanken die Bauzinsen zwar auf ein Allzeittief, doch danach ging es leicht aufwärts. Ein Immobilienkredit mit einer zehnjährigen Zinsbindung kostet momentan etwa 0,8 Prozent, was immer noch extrem billig ist. Doch scheint es nicht ausgeschlossen, dass es bei den Bauzinsen auch auf längere Sicht allmählich nach oben geht.
"Der Anleihemarkt beeinflusst die Zinsen erheblich", erklärt Max Herbst, Gründer der FMH-Finanzberatung. Banken, die Baugeld verleihen, finanzieren sich in der Regel über Pfandbriefe. Deren Verzinsung orientiert sich unter anderem an den Renditen der Bundesanleihen. Steigen diese, verteuert sich also auch das Baugeld.
Hintergrund solcher Gedankenspiele: Anleger könnten bei Bundesanleihen etwas zurückhaltender werden, falls die Staatsverschuldung im Zuge der Corona-Krise steigt und möglicherweise die Bonität Deutschlands sinkt. Damit gerieten die Kurse unter Druck und im Gegenzug zögen die Renditen an, was am Ende zu höheren Bauzinsen führen würde. Die Unterschiede machen sich bei einer Baufinanzierung durchaus bemerkbar. Kostet ein Kredit über 200 000 Euro statt 0,8 Prozent zum Beispiel 1,4 Prozent, kommen monatlich 100 Euro Extrakosten zusammen. Das summiert sich über die Jahre.
Geringe Gebühren
Ein Mittel, solche Extrakosten zu verringern, sind sogenannte Forward-Darlehen. Dabei handelt es sich um einen bestimmten Typ von Annuitätendarlehen, die erst nach einer Vorlaufzeit ausgezahlt werden. Das Prinzip: Der Kunde unterschreibt den Darlehensvertrag sofort, ruft das Geld aber erst in einigen Jahren ab. So kann er sich niedrige Zinsen sogar bis zu fünf Jahre im Voraus sichern - allerdings gegen eine Gebühr.
Seit Januar steige die Nachfrage nach diesen Darlehen, heißt es beim Finanzierungsvermittler Dr. Klein Privatkunden AG. Im März machten sie etwa acht Prozent der Baufinanzierungen hierzulande aus, was einem Plus von 24 Prozent im Vergleich zum Februar entspricht. Die Zinsaufschläge für Forward-Darlehen fallen derzeit überschaubar aus. Das zeigen die Angebote für Hypothekendarlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren. "Bei einer Vorlaufzeit von 24 Monaten liegen die Aufschläge im Schnitt bei 0,27? Prozent", so Max Herbst. Möchte sich jemand den Immobilienkredit für drei Jahre im Voraus sichern, zahle er durchschnittlich 0,45?? Prozent extra.
Verbraucher sollten unbedingt die Konditionen der Hausbank - also des Geldhauses, das den ersten Kredit ausreichte - mit den Offerten anderer Anbieter vergleichen und erst dann entscheiden. Kreditnehmer müssen auch an Extras denken, wie die Möglichkeit zur Sondertilgung. Wer mit schwankendem Einkommen rechnet, sollte sich zudem Anpassungsmöglichkeiten bei der Tilgungsrate sichern.
"Das Ganze lohnt sich nur dann, wenn die Zinsen in Zukunft höher liegen als der vereinbarte Zins plus Absicherungsprämie", erklärt Anke Behn, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Bremen. In den vergangenen Jahren sei die Wette nicht aufgegangen, weil die immer wieder erwartete Zinswende nicht eingetreten sei. Einen grundsätzlichen Vorteil bringt diese Art der Absicherung für Immobilieneigner allerdings schon im Voraus. "Wer seine Anschlussfinanzierung unter Dach und Fach hat, kann vielleicht ruhiger schlafen, weil er sich darüber keine Gedanken mehr machen muss", sagt Behn. Ob sich das Ganze finanziell wirklich gelohnt hat, weiß man aber leider erst hinterher. Keiner kann mit Sicherheit voraussagen, ob die Zinsen steigen. Fakt ist aber, dass es bei dem derzeitigen Zinsniveau nicht mehr viel Spielraum nach unten gibt.
Endet die Zinsbindung des Immobilienkredits ungefähr in einem Jahr, sollte man jetzt ebenfalls handeln. Verbraucher haben nämlich bei vielen Banken die Möglichkeit, sich die aktuellen Zinsen bis zu zwölf Monate kostenlos zu reservieren. Wer erst kurz vor Ablauf der Zinsbindung über seine Anschlussfinanzierung nachdenkt, ist vielleicht zu spät dran. Dann fehlt unter Umständen die Zeit, entsprechende Vergleichsangebote von verschiedenen Geldhäusern einzuholen.
Das ist ein großer Nachteil, denn leider kommt von der Hausbank nicht immer das günstigste Angebot.