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Dieser Auszug aus einer Werbe-E-Mail steht exemplarisch für den entfachten Hype rund um den Bitcoin. Wegen seines fantastischen Kursanstiegs in den vergangenen Jahren gilt der Bitcoin als eine unmittelbare Verheißung auf Reichtum. Einfach in die Kryptowährung investieren und schon bald Millionär sein, so die aussichtsreiche Perspektive. Aber man ahnt schon, dass es ganz so einfach dann doch nicht sein kann. €uro zeigt deshalb nachfolgend, was dran ist an dem vermeintlichen digitalen Goldrausch.


Was sind überhaupt Kryptowährungen?

Kryptowährungen sind digitale Geldeinheiten. Dieses Geld wird durch ein Netzwerk erzeugt, im Unterschied zu dem von Notenbanken geschaffenen Fiat-Geld wie etwa Euro oder US-Dollar. Die Kryptos befinden sich im direkten Besitz der jeweiligen Person. Damit entfallen Intermediäre wie Banken mit den Girokonten. Wie die Euroscheine im Geldbeutel befinden sich die digitalen Gelder in einem elektronischen Portemonnaie. Und ebenso wie beim Bargeld kann man seine Wallet überallhin mitnehmen, auch ins Ausland. Allerdings kann man es ähnlich wie die richtige Geldbörse auch verlieren. Für den Zugriff ist nämlich eine Art Kennwort, der "Private Key" nötig. Verliert der Besitzer diesen Key, kommen weder er noch sonst jemand an das Geld heran.


Welchen Wert haben Kryptos?

Als digitale Einheiten haben die Kryptowährungen keinen Wert an sich. Das gilt aber im Prinzip ebenso für Fiat-Währungen: Auch ein 50-Euro-Schein ist an sich ein kleines, wertloses Stückchen bedrucktes Papier. Erst das Vertrauen, dass die dahinterstehende Notenbank die sich aus dem Schein ergebende Forderung auch erfüllen würde, gibt dem Papier seinen Wert. Der Wert bei digitalen Währungen folgt dem ökonomischen Grundgesetz von Angebot und Nachfrage. Daneben aber bieten viele Währungen eine Art inneren Wert, weil sie die dahinterliegende Technologie "abbilden".

So bildet die nach dem Bitcoin zweitgrößte Digi-Währung Ether die Ethereum-Blockchain ab, die derzeit führende Plattform für intelligente Verträge (Smart Contracts). "Besonders interessant sind Kryptowährungen, die es erlauben, darauf aufbauend Applikationen zu entwickeln. Solche sogenannten Plattform-Token sind grundsätzlich vor dem Hintergrund des jeweiligen Applikations-Kontextes interessant. Kryptowährungen sollten also einen konkreten Nutzen aufweisen und nicht, wie etwa beim sehr gefährlichen Dogecoin, newsgetriebene Zockerei betreiben", sagt Benjamin Bilski, Chef der Social-Trading-Plattform Naga.


Wo liegt der Unterschied zwischen Coin und Token?

Allgemein gesagt will ein Coin als Zahlungsmittel innerhalb eines eigenständigen Bezahlsystems funktionieren. Ein Token dagegen kann auch ganz andere Funktionen ausfüllen, etwa ein Stimmrecht geben, eine Rabattmarke sein etc. "Im Prinzip kann ich alles, in das man investieren kann, auch über die Blockchain abbilden und so für Anleger investierbar machen", sagt Michael Geike, Chef der Advanced Blockchain AG. Ein vielversprechendes Anwendungsgebiet können dabei Immobilien sein: "Über die Blockchain-Technologie kann ich etwa ein Bürogebäude oder ein Mietshaus in viele kleine Einzelteile - Tokens - aufspalten.

Diese Tokens können dann von Anlegern ge- und verkauft werden. Das macht es ihnen möglich, sich direkt und ohne einen Intermediär an einem bestimmten Gebäude zu beteiligen, ohne hohe Gebühren", so Geike. Viele dieser Tokens nutzen dabei keine eigene Blockchain, sondern eine bereits bestehende, allen voran die Ethereum-Blockchain.


Sind Kryptowährungen schlecht für die Umwelt?

Der Bitcoin wird wie andere digitale Währungen auch "geschürft" (engl. "mining"). Dafür braucht es eine enorme Rechenleistung mit einem entsprechend hohen Stromverbrauch. Laut der Universität Cambridge verbraucht das Schürfen von Bitcoins in etwa so viel Strom wie die Niederlande. Und weil das Schürfen wegen des dem Bitcoin zugrunde liegenden Codes immer komplexer wird, wird auch der Stromverbrauch der nötigen Computer weiter zulegen. War diese Umweltproblematik beim Bitcoin am Anfang noch eher ein Randaspekt, so rückt sie mittlerweile immer stärker in den Fokus.


Sind alle Kryptos für die Umwelt gleich schlecht?

Die Diskussion darüber, ob Kryptowährungen der Umwelt schaden, geht auch an Ether nicht spurlos vorbei. So will die Ethereum Foundation, die hinter der Entwicklung des Ether steht, das Netzwerk unter dem Namen Ethereum 2.0 weiterentwickeln. Um dabei das Thema Umwelt angemessen zu berücksichtigen, will die Stiftung eine Art Kehrtwende hinlegen: Von dem bisher dem Netzwerk zugrunde liegenden rechenintensiven "Proof of Work"-Konzept soll auf den energiesparenden "Proof of Stake"-Ansatz gewechselt werden.

Bisher verbraucht die Ethereum-Blockchain so viel Strom wie ein mittelgroßes Land. Dies sei aus Sicherheitsgründen notwendig: "Um zu verhindern, dass eine Chain erfolgreich angegriffen wird, müssen die Miner mehr ‚Arbeit‘ leisten, als ein Angreifer es könnte. Da ein Angreifer wahrscheinlich über ähnliche Hardware verfügt, müssen die Miner große Mengen an effizienter Hardware in Betrieb halten, um zu verhindern, dass ein Angreifer sie übertrifft, und all diese Hardware verbraucht eine Menge Strom", so Ethereum-Entwickler Carl Beekhuizen in einem Blog-Eintrag. Der Proof-of-Stake-Ansatz dagegen verbinde laut Beekhuizen Sicherheit mit weniger Energieaufwand. Ethereum 2.0 werde deshalb ungefähr 2000 Mal energieeffizienter sein als die Erstversion der Plattform. Laut dem Blog-Eintrag verbraucht eine Ethereum-Transaktion derzeit die äquivalente Energie eines Hauses für 2,8 Tage, zukünftig sollen es nur noch 20 Minuten Fernsehen sein. Zum Vergleich: Bei einer Bitcoin-Transaktion sind es 38 Haustage. Die neue Plattform wird getestet und könnte noch in diesem Jahr realisiert werden. Daneben gelten auch andere Altcoins wie etwa Cardano als umweltfreundlicher als der Bitcoin.


Warum gibt es immer wieder Blitzcrashs?

Schlagartig reich und ebenso schnell wieder arm: Auf keine andere Assetklasse dürfte das so zutreffen wie auf Bitcoin & Co. Fantastischen Kursgewinnen von mehreren Tausend Prozent folgen - oft wie aus dem Nichts - rasante Einbrüche. So wie zuletzt Mitte Mai, als es fast querbeet bei fast allen Währungen zu Einbrüchen von bis zu 50 Prozent und mehr innerhalb weniger Tage kam. Diese Blitzcrashs scheinen ein treuer Begleiter der digitalen Währungen zu sein. Dabei sind Verluste von 50 Prozent fast nur ein Mini-Crash, in der Vergangenheit kam es immer wieder auch zu Verlusten von über 80 Prozent.

Bei den Kryptos spielt die Psychologie der Marktteilnehmer eine besondere Rolle, weil sich die Kurse über Angebot und Nachfrage bestimmen. Dabei kann es zu Panikattacken kommen: Als der Chef des kalifornischen E-Autobauers Tesla, Elon Musk, über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt hatte, dass sein Unternehmen künftig den Bitcoin nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptieren würde, brach der Kurs ein (nachdem erst wenige Wochen zuvor die gegenteilige Nachricht für ein Kursfeuerwerk gesorgt hatte). "Ein Tweet genügt, und die Kurse tanzen", sagt Nikolas Kreuz, Geschäftsführer von Invios, einem bankenunabhängigen Institut für Vermögenssicherung und Vermögensverwaltung in Hamburg.

Rasant nach unten kann es zudem auch gehen, wenn Großanleger aktiv sind. "Diese ,Wale‘ genannten Investoren halten 1000 Bitcoins oder mehr, Schätzungen zufolge gibt es weltweit rund 2000 Wale. Trennt sich einer von ihnen von einer größeren Zahl an Bitcoins, sorgt das in aller Regel gleich für Turbulenzen. Solche Einbrüche sind für Anleger deshalb besonders unheimlich, weil sie schlagartig eintreten können und nicht vorhersehbar sind. Darum eignen sich Kryptowährungen nur für Anleger mit hoher Risikobereitschaft.

Das gilt allerdings nicht für die Stablecoins, deren Wert an einen Basiswert gekoppelt ist. Am bekanntesten ist dabei die Verknüpfung mit dem US-Dollar, etwa bei Tether oder der von Facebook vorangetriebenen Währung Diem. Es gibt neben Fiat-Geld aber auch noch andere Absicherungsoptionen wie etwa Gold. So hinterlegt beispielsweise CACHE Gold ein Gramm physisches Gold pro Token.


Was halten die Notenbanken von Kryptos?

Die Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder die Federal Reserve (Fed) stehen den Kryptowährungen eher skeptisch gegenüber. Was aber kaum verwundert, sind doch Kryptos sozusagen eine direkte Konkurrenz für ihr Geldmonopol. Denn bisher waren nur die Zentralbanken für den in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden geografischen Raum (die EZB für die Eurozone) in der Lage, Geld neu zu schöpfen.

Auf Kryptowährungen haben sie aber keinen Zugriff. EZB-Präsidentin Christine Lagarde will sie weltweit reguliert wissen. "Kryptowährungen: Diese beiden Dinge passen nicht gut zusammen. (…) Es gibt Krypto-Assets (…), in die Leute investieren und das volle Risiko eingehen können, und es gibt bestimmte Kryptos, die meiner Meinung nach sehr anfällig für Geldwäscheaktivitäten sind", so Lagarde bei einem Webinar des European University Institute.

Fed-Präsident Jerome Powell sieht das ähnlich. "Krypto-Anlagen sind hochvolatil, siehe Bitcoin, und daher nicht wirklich nützlich als Wertaufbewahrung", so der Fed-Chef auf einer virtuellen Konferenz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Bei Kryptos handle es sich "eher um ein spekulatives Asset", so Powell. Kryptowährungen sind bisher wenig reguliert und werden für illegale Geschäfte im Internet (Darknet) oder bei Hackerangriffen verwendet. "Eine stärkere Regulierung könnte dem Markt durchaus guttun. Derzeit laufen viele Bemühungen von staatlicher Seite, diesen Goldrausch in geordnete Bahnen zu lenken", so Invios-Chef Kreuz.


Ist das nur was für Cyber-Freaks und für Kriminelle?

Am Anfang war der Bitcoin nur einem Kreis von digitalen Freaks und Cyberpunks ein richtiger Begriff. Wegen seiner Anonymität und seiner weltweiten Verfügbarkeit war er zudem bei Kriminellen als Zahlungsmittel begehrt.

Mittlerweile aber hat sich der Kreis der Interessierten deutlich ausgeweitet. Neben institutionellen Investoren wie Investmentfonds oder Pensionskassen interessieren sich auch Finanzdienstleister wie Paypal oder Banken dafür. Das lässt sich etwa am Beispiel von JP Morgan ablesen, der gemessen am Börsenwert größten Bank der Welt. Deren Chef James Dimon sah früher den Bitcoin als eine Art Teufelszeug an, mittlerweile ermöglicht die Großbank ihren Kunden, in Kryptowährungen zu investieren.

Das gilt auch für den Kreditkartenriesen Visa. "Wir versuchen, zwei Dinge zu erreichen. Eines ist, den Kauf von Bitcoin auf Basis von Visa-Referenzen zu ermöglichen. Und zweitens arbeiten wir mit Bitcoin-Wallets zusammen, um zu ermöglichen, dass der Bitcoin in eine Fiat-Währung übersetzt wird und dadurch an jedem der 70 Millionen Orte weltweit, die Visa akzeptieren, unmittelbar benutzt werden kann", so Visa-Chef Alfred Kelly.

Einer der schärfsten Kritiker ist Charlie Munger, Stellvertreter von US-Starinvestor Warren Buffett bei der Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway. "Ich begrüße keine Währung, die so nützlich für Kidnapper und Erpresser und so weiter ist. Ich mag es auch nicht, wenn man an jemanden, der soeben aus dem Nichts ein neues Finanzprodukt erfunden hat, einfach ein paar zusätzliche Milliarden und Abermilliarden von Dollar ausschüttet", so der 97 Jahre alte Munger auf der diesjährigen Hauptversammlung von Berkshire Hathaway. Auch Buffett zählt zu den Kritikern, wählt dabei aber weniger scharfe Worte.


Was ist die Blockchain?

Die Blockchain ist so etwas wie das technologische Fundament von Kryptowährungen. Sie ist ein dezentrales Netzwerk von miteinander verbundenen Computern. Die Daten werden jeweils separat gespeichert. Bei den Kryptowährungen "weiß" jeder Rechner im Netzwerk, wie viele Einheiten einer Währung jeder Netzwerkteilnehmer hat. Dabei wird fortlaufend berücksichtigt, dass sich durch Transaktionen die Besitzverhältnisse stetig ändern. Diese Transaktionen sind transparent. Das Netzwerk wird ständig linear erweitert und ähnelt damit einer Kette, an die neue Glieder angeschmiedet werden (engl. Blockchain = Gliederkette).

Damit liegt die Kontrolle über das System weder bei einem Unternehmen noch bei Staaten oder Institutionen. Sondern kontrolliert werden die Netzwerke von allen Teilnehmern der jeweiligen Blockchain. Die möglichen Anwendungsbereiche gehen jedoch weit über das Feld des Finanzsektors hinaus. So lassen sich etwa Dienstleistungen (siehe auch Grafik unten) oder Dokumente abbilden. "Definitiv bietet die Blockchain-Technologie viele Perspektiven. Durch sie können viel bessere und effizientere Prozesse oder Technologien entwickelt werden. Gerade in der Entwicklung dezentraler Ansätze hilft es, auf Blockchain zurückzugreifen. Denken wir einfach mal an eine globale Ausweis- und Pass-Datenbank: Wenn zum Beispiel eine Person reist, könnte eine Blockchain entwickelt werden, auf der jede Grenzüberschreitung signiert wird. Somit wäre ein immer wieder erneutes Abfragen relevanter Daten obsolet", so Naga-Chef Benjamin Bilski.


Wie viele Währungen gibt es eigentlich?

Die älteste und bekannteste Kryptowährung ist der Bitcoin. Er wurde im Jahr 2008 konzipiert als Antwort auf die gerade herrschende Finanzkrise. Bitcoin sollte demnach der Gegenentwurf zum damals tief in der Vertrauenskrise befindlichen traditionellen Geldsystem sein. Die Ausnahmestellung des Bitcoin zeigt sich auch darin, dass alle anderen Kryptowährungen unter dem Begriff "Altcoins" (wobei "Alt" für "Alternativ" steht) zusammengefasst werden. Mittlerweile gibt es mehr als 10 000 verschiedene Währungen, allerdings sind viele davon sehr klein.


Wie kann man in Kryptowährungen investieren?

Grundsätzlich stehen mehrere Wege offen. Zum einen kann eine Währung direkt an den entsprechenden Kryptobörsen wie etwa Coinbase oder eToro gekauft werden. Indirekt kann in Kryptos mit börsennotierten Wertpapieren investiert werden, die den Kurs der jeweiligen Währung abbilden. Schließlich können Anleger auch mit CFDs (Contracts for Difference) auf digitale Währungen setzen. Als Zahlungsmittel ist ein Coin aber nur verfügbar, wenn er direkt erworben und in einem elektronischen Portemonnaie aufbewahrt wird.


Ist der Bitcoin mit Gold vergleichbar?

Gern wird der Bitcoin mit Gold verglichen: Er soll vor Inflation schützen, zudem korreliert er kaum mit anderen Anlageklassen und diversifiziert so das Portfolio. Doch gibt es auch große Unterschiede


Die Gretchenfrage: Kaufen oder meiden?

Grundsätzlich muss sich jeder, der mit einem Investment liebäugelt, bewusst sein, dass die meisten Kryptowährungen hochvolatil sind: Kursschwankungen von zehn Prozent und mehr innerhalb von 24 Stunden - oft ohne einen nachvollziehbaren Grund - sind nicht selten. Nur wer solche Risiken aushält, sollte ein Investment in Betracht ziehen. Wer investiert, sollte aber immer nur einen kleinen Teil seines Vermögens anlegen. Zur Altersvorsorge oder zu anderen langfristigen Vermögenszielen sind Kryptos derzeit kaum geeignet.