Georgiewa kann damit entspannter in die am Dienstag beginnende Herbsttagung des IWF gehen, bei der sie auf internationaler Bühne zahlreiche Diskussionen leitet. Zu Beginn der Tagung werden am Nachmittag die Prognosen des IWF zur Weltwirtschaft und den einzelnen Ländern veröffentlicht. Es wird erwartet, dass die Konjunkturerholung von der Corona-Krise anhält, jedoch leicht an Tempo einbüßt.

Der IWF teilte am späten Montagabend in Washington mit, die verfügbaren Informationen in dem Fall ließen keine eindeutigen Schlüsse auf ein Fehlverhalten Georgiewas zu. Der Exekutivrat habe daher weiterhin volles Vertrauen in Georgiewa - ihre Führungsqualitäten und die Möglichkeiten, ihr Amt effektiv auszuüben. Der Vorstand vertraue ihr, höchste Maßstäbe bei der Amtsausführung anzuwenden.

Hintergrund des Falls ist ein Untersuchungsbericht der Kanzlei WilmerHale, wonach führende Vertreter der Weltbank - darunter deren damalige Geschäftsführerin Georgiewa - "unangemessenen Druck" auf Mitarbeiter ausgeübt haben sollen, um China im Ranking des viel beachteten "Doing Business"-Berichts für 2018 besser abschneiden zu lassen. Zu der Zeit versuchte die Weltbank Unterstützung von der Regierung in Peking für eine große Kapitalerhöhung zu bekommen. Die IWF-Chefin selbst hat die Anschuldigungen mehrfach zurückgewiesen.

US-Finanzministerin Janet Yellen sagte, der WilmerHale-Bericht werfe zwar berechtigte Fragen und Bedenken auf, ein Führungswechsel sei mangels direkter Beweise jedoch nicht gerechtfertigt. Es müssten aber "proaktive Schritte" unternommen werden, "um die Datenintegrität und die Glaubwürdigkeit des IWF zu stärken". Der Fonds müsse für Transparenz bei seinen Analysen und Politikentscheidungen stehen. Die USA würden das weitere Vorgehen des IWF genau beobachten.

"SCHWIERIGES KAPITEL FÜR MICH PERSÖNLICH"


Georgiewa teilte mit, die Entscheidung des IWF-Führungsgremiums zu begrüßen. Sie sei zufrieden, dass die Anschuldigungen gegen sie als unbegründet eingestuft worden seien. "Das war ganz offensichtlich ein schwieriges Kapitel für mich persönlich."

Georgiewa steht seit Oktober 2019 an der Spitze des IWF. Sie ist dort die erste Führungsfigur aus einem Schwellenland. Die USA sind der mit Abstand wichtigste Anteilseigner des Fonds, der Ländern in Krisen wie zuletzt der Coronavirus-Pandemie unter die Arme greift. Die Führungsfigur des IWF kommt aber traditionell aus Europa. Insidern zufolge haben Frankreich und andere europäische Länder Georgiewa gestützt. Die USA und Japan hätten dagegen auf eine noch gründlichere Prüfung gedrungen.

Bei der IWF-Tagung in dieser Woche wird es auch um eine fairere Verteilung von Covid-Impfstoffen, die Klimakrise, Lieferkettenprobleme und die gerade von 136 Ländern verabschiedete Steuerreform gehen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wird von Dienstagabend bis Mittwochabend an den Gesprächen in Washington teilnehmen. Dafür wurden extra die in Berlin stattfindenden Sondierungsgespräche zur Bildung der neuen Bundesregierung an den Beginn und das Ende der Woche gelegt.

rtr