Die Corona-Krise hat nichts daran geändert: Attraktive Renditen für festverzinsliche Wertpapiere sind und bleiben Mangelware. Doch es gibt Ausnahmen. Europäische Hochzinsanleihen bieten noch vergleichsweise attraktive Renditen - allerdings gegen ein höheres Anlagerisiko. Bei einer Beruhigung der Pandemie bestehen Chancen auf steigende Kurse. Dagegen bringen die klassischen, "sicheren" Staatsanleihen in diesem Jahr Investoren wohl kaum einen positiven Ertrag.

Auf den ersten Blick mag das kontraintuitiv wirken, da durch länger dauernde Lockdowns die Risiken für die Unternehmen steigen und womöglich mehr Insolvenzen drohen. Doch trotz der Verschärfung der Lage sind die Risikoaufschläge - die sogenannten Spreads - seit dem Crash im vergangenen Frühjahr stark gesunken. Sie liegen jedoch noch etwas höher als vor der Krise. Es mag angesichts der Pandemie überraschen, dass es im vergangenen Dezember erstmals im Jahr 2020 per saldo eine positive Ratingveränderung im europäischen Hochzinsmarkt gab. Es sind also mehr Unternehmen in ihrer Kreditwürdigkeit besser statt schlechter beurteilt worden.

Dies zeigt: Viele Branchen sind zwar hart von den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie getroffen, doch es lässt sich bisher am Anleihemarkt keine Verschlechterung der Kreditqualität auf breiter Front feststellen. Was die Ausfallrisiken im Hochzinssegment anbelangt, dürfte es zwar im laufenden Jahr zu einem deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen kommen. Aber dieser sollte vor allem kleinere Unternehmen betreffen, die selten Anleihen begeben haben. Das Insolvenzrisiko dürfte darum kein Breitenphänomen für den gesamten Markt sein. Fundamental gesehen erwarten wir daher keine weitere Verschlechterung der durchschnittlichen Kreditqualität.

Klar ist allerdings auch: Manche Emittenten werden die Corona-Krise nicht überstehen. Deshalb ist vorsichtiges Vorgehen angezeigt. Für Unterstützung sorgt aber in historisch einmaligem Ausmaß die Geld- und Fiskalpolitik. Nicht zuletzt die Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank fallen als Stabilisator ins Gewicht. Unternehmen hatten deshalb einen Anreiz, weitere Mittel aufzunehmen. Viele Adressen aus dem High-Yield-Bereich haben sich während der Corona-Krise zu günstigen Konditionen refinanziert. Die Kassenhaltung stieg deutlich. Wir erwarten auch, dass die Bruttoerlöse aus Neuemissionen in diesem Jahr am Euro-High-Yield-Markt noch über dem Rekordvolumen von 2020 liegen werden.

Ökonomen erwarten Belebung ab dem zweiten Quartal

Dieses steigende Angebot dürfte keine Schwierigkeiten für Anleger mit sich bringen. Selbst wenn die Eindämmungsmaßnahmen noch länger andauern: Mit Blick auf das Makro-Umfeld gehen unsere Ökonomen von einer Belebung ab dem zweiten Quartal aus. Die Aussicht auf eine baldige Impfung breiter Bevölkerungsschichten sowie steigende Temperaturen im Frühling dürften dazu beitragen, dass die Corona- Maßnahmen gelockert werden können. Eine kräftige Konjunkturbelebung ab dem zweiten Quartal ist damit möglich. Das Vorkrisenniveau dürfte in Deutschland zum Ende des Jahres wieder erreicht werden.

Die besseren Wirtschaftsperspektiven führen bei Investoren zu stärkerem Interesse an chancenorientierten Anlagen. Trotzdem werden die Notenbanken die Zinsen noch länger niedrig halten, um die Erholung zu unterstützen. Der Anlagenotstand bleibt damit bestehen. Anlagen, die noch Renditechancen bieten, dürften nachgefragt bleiben.

Fazit: Es kommt wohl ein größeres Angebot an den Hochzinsmarkt, doch dieses trifft auch auf eine hohe Nachfrage. Trotz der schwierigen Lage durch die Pandemie besteht die Chance, dass die Risikoaufschläge von High-Yield-Anleihen weiter sinken könnten und sich denen von sichereren Anleihen annähern. Daran lässt sich mit einer aktiven Auswahl teilhaben, indem gezielt auf Unternehmen aus Branchen verzichtet wird, die absehbar unter den Einschränkungen durch Corona stark leiden könnten. Damit sollten sich die Ausfallrisiken minimieren lassen.

 


Christian Kopf:
Leiter Portfoliomanagement Renten bei Union Investment

Kopf leitet seit 2017 das Rentenfondsmanagement von Union Investment. Er ist eines von sechs Mitgliedern des Union Investment Committee (UIC), das die Leitplanken für die taktische Steuerung der Fonds durch die einzelnen Portfoliomanager setzt. Union Investment ist die Investmentgesellschaft der DZ Bank und Teil der genossenschaftlichen Finanzgruppe.