Einmal pro Woche erfahren die Akteure an Goldmärkten, welche Transaktionen unter den kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) getätigt wurden und wie sich dadurch deren Markterwartung verändert hat. In der Woche zum 26. Juli gab es zwei Auffälligkeiten zu vermelden. Erstens: Bei der Anzahl offener Kontrakte - dem so genannten Open Interest - war ein überdurchschnittlich starker Rückgang von 617.069 auf 576.325 Kontrakte (-6,6 Prozent) registriert worden. Zweitens: Die Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) der spekulativen Marktakteure wies ein neues Allzeithoch aus.

Großspekulanten, die ihre Long-Seite innerhalb einer Woche um über 70.000 Kontrakte aufgestockt und zugleich ihr Short-Exposure um über 12.000 Futures reduziert haben, waren hierfür hauptverantwortlich. Dies hinterließ natürlich heftige Spuren in deren Netto-Long-Position, die dadurch von 285.911 auf 368.955 Futures (+29,1 Prozent) emporschnellte. Unter den Kleinspekulanten nahm der Optimismus deutlich weniger dynamisch zu. Deren Netto-Long-Position kletterte "lediglich" von 29.566 auf 30.068 Kontrakte (+1,7 Prozent), was nichtsdestotrotz den stärksten Optimismus seit Februar 2013 darstellte.

Aus charttechnischer Sicht kann man dem gelben Edelmetall weiterhin ein hohes Maß an relativer Stärke attestieren. Der Timingindikator Relative-Stärke-Index zeigt angesichts eines aktuellen Werts von unter 60 Prozent allerdings weder eine überkaufte (größer 70 Prozent) noch eine überverkaufte Situation (kleiner 30 Prozent) an. Trotz starker Aktienmärkte blieb der Krisenschutz stark gefragt und bewegte sich nur unwesentlich unter seinem Anfang des Monats markierten Zweijahreshoch. Das Anfang des Jahres ausgelöste Trendwechselsignal nach oben bleibt daher weiterhin gültig, zumal sich sowohl die mittelfristige 100-Tage-Linie als auch die langfristige 200-Tage-Linie in einem seit Monaten intakten Aufwärtstrend bewegt. So etwas sehen chartorientierte Investoren in der Regel besonders gerne.

Auf Seite 2: GFMS meldet schwache physische Golfnachfrage Die Edelmetallresearchgesellschaft Thomson Reuters GFMS veröffentlichte am vergangenen Dienstag ihren Quartalsbericht zur Lage an den physischen Goldmärkten, die angesichts der diesjährigen Goldperformance von 25 Prozent tendenziell negativ überrascht hat. Für das zweite Quartal wurde nämlich erneut ein markanter Einbruch der physischen Goldnachfrage gemeldet. Nachdem im ersten Quartal auf Jahressicht ein Rückgang von fast 24 Prozent auf 764 Tonnen zu beklagen war, meldeten die Goldexperten nun ein Minus von 22,0 Prozent p.a. auf 715 Tonnen. Dies lag vor allem am nachlassenden Goldappetit der Asiaten - allen voran China und Indien - sowie den rückläufigen Käufen diverser Notenbanken. Ein noch schlimmerer Einbruch wurde lediglich durch die massiven Kapitalzuflüsse physisch besicherter Gold-ETFs verhindert. Nachdem diesem Marktsegment in den Monaten Januar bis März 336 Tonnen zugeflossen sind, war im zweiten Quartal ein Zuwachs in Höhe von 232 Tonnen registriert worden.

China und Indien, die beiden goldhungrigsten Nationen der Welt, reagierten nicht zum ersten Mal mit einem Kaufstreik auf einen deutlich gestiegenen Goldpreis. Im Schmucksektor hat sich auf Jahressicht die Nachfrage von Chinesen und Inder um 24,1 bzw. 56,3 Prozent reduziert, während im Investmentbereich Rückgänge um 12,0 bzw. 40,1 Prozent p.a. zu beklagen waren. Gegenüber dem Quartalsbericht für Q1 haben die GFMS-Analysten ihr Kursziel für den durchschnittlichen Goldpreis im Jahr 2016 von bislang 1.184 auf 1.279 Dollar angehoben. Auf lange Sicht dürfte die asiatische Region aber weiterhin ein gewichtiger Abnehmer von Gold bleiben. Laut Medienberichten rechnet das Ministerium für Industrie und Informationstechnik (MIIT), dass die Goldnachfrage Chinas bis 2010 auf 1.200 Tonnen ansteigen wird. Anlass zur Sorge scheint demzufolge trotz des jüngsten Nachfragerückgangs eher nicht berechtigt zu sein.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.