Goldpreis: Die Profis erwarten weitere Rückschläge
· Börse Online RedaktionEinmal pro Woche erfahren die Anleger durch den Commitments of Traders-Reports der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission, wie sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures sowie die Stimmung unter den verschiedenen Marktakteuren entwickelt hat. Von erheblichem Interesse ist unter anderem die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), welche als Indikator für das allgemeine Interesse an Gold-Futures angesehen wird. Besonders stark interessieren sich die Akteure an den Goldmärkten aber, welche Transaktionen kommerzielle Branchenangehörige (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) getätigt haben. Dies zeigt dann auf, ob sie im Vergleich zur Vorwoche optimistischer oder skeptischer geworden sind.
In der Woche zum 13. Dezember ging es mit der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) nach einer vierwöchigen Talfahrt erstmals wieder bergauf. Sie hat sich nämlich innerhalb einer Woche von 393.524 auf 397.034 Futures (+0,9 Prozent) leicht erholt. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten hat sich dies allerdings nicht positiv bemerkbar gemacht, schließlich kam es hier zu einem Rückgang von 154.944 auf 149.886 Futures (-3,3 Prozent). Diest stellte das fünfte Wochenminus in Folge dar. Eine ähnlich lange "Durststrecke" gab es zuletzt im November/Dezember 2015.
Als treibende Kraft erwiesen sich wieder einmal die Transaktionen der Großspekulanten, während Kleinspekulanten zum zweiten Mal in Folge optimistischer geworden sind. So hat sich die Netto-Long-Position großer Terminspekulanten innerhalb einer Woche von 136.380 auf 129.311 (-5,2 Prozent) ermäßigt. Bei Kleinspekulanten nahm hingegen der Optimismus von 18.564 auf 20.575 Futures (+10,8 Prozent) signifikant zu. Große Terminspekulanten dürften damit hauptverantwortlich für die jüngste Talfahrt des Goldpreises gewesen sein. Ihre Netto-Long-Position hat sich nämlich seit Ende Juli fast gedrittelt. Beim Goldpreis hat sich dieser Meinungsumschwung in einem Kursrückschlag um 12 Prozent niedergeschlagen
Auf Seite 2: Chinesen kaufen, US-Investoren verkaufen
Seit dem Wahlsieg von Donald Trump haben US-Investoren massive Umschichtungen vorgenommen. Das Motto lautet offensichtlich: "Raus aus Anleihen und Gold - rein in Aktien und Rohstoffe." Verkaufsdruck kam beim Goldpreis aber nicht nur durch die Terminmärkte auf (siehe oben), sondern auch durch die massiven Kapitalabflüsse im ETF-Sektor. So hat sich zum Beispiel die gehaltene Goldmenge des weltgrößten Gold-ETFs SPDR Gold Shares seit dem überraschenden Wahlsieg Donald Trumps um über 118 Tonnen von 955,03 auf 836,99 Tonnen (Stand: 16.12.2016) reduziert. Während dieses Zeitraums hat sich sein Marktwert von 39,3 Milliarden auf 30,4 Milliarden Dollar (-22,6 Prozent) reduziert.
An der Shanghai Gold Exchange war in der vergangenen Handelswoche hingegen ein deutlich erhöhter Goldappetit registriert worden. Bei den besonders liquide gehandelten Ein-Kilogramm-Goldbarren schlug ein Wochenumsatz in Höhe von 144,65 Tonnen zu Buche. Damit wurde das Niveau der Vorwoche um über 44 Prozent übertroffen. Asiaten gelten grundsätzlich zwar als besonders goldhungrig, haben derzeit aber mit diversen Widrigkeiten zu kämpfen. Dies gilt sowohl für China als auch für Indien, wo eine radikale Bargeldreform der Bevölkerung erhebliche Probleme bereitet. Vor einer Woche meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass die indischen Goldimporte in den ersten elf Monaten gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 43 Prozent auf 513,9 Tonnen zurückfiel und auf Gesamtjahressicht nun ein Siebenjahrestief droht.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.