Woche für Woche informiert die US-Aufsichtsbehörde CFTC im Rahmen des Commitments of Traders-Reports, welche aktuellen Tendenzen an den Terminmärkten derzeit zu beobachten sind. Zum einen zeigt die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) auf, wie sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures innerhalb einer Woche entwickelt hat. Zum anderen informiert der Wochenbericht aber vor allem, wie sich die kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) positioniert haben. Daraus kann man dann ablesen, ob sie auf Wochensicht optimistischer oder pessimistischer geworden ist.
Ein überdurchschnittlich kräftiges Minus ist im Berichtszeitraum bei der Anzahl offener Kontrakte registriert worden. Diese hat sich nämlich innerhalb einer Woche von 461.062 auf 405.661 Futures (-12,0 Prozent) reduziert. Noch geringer war das Interesse an Gold-Futures zuletzt Anfang März. Deutlich negative Vorzeichen gab es auch bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten zu vermelden. Hier war ein ähnlich dickes Minus von 192.172 auf 167.823 Futures (-12,7 Prozent) registriert worden. Damit kam es beim Gold-Optimismus seit Ende Juli zu einem regelrechten "Aderlass", schließlich wurde dieser damals mit über 399.000 Kontrakten um mehr als das Doppelte übertroffen.
Sowohl Großspekulanten als auch Kleinspekulanten sind auf Wochensicht erheblich skeptischer geworden. So hat sich zum Beispiel die Netto-Long-Position der Großspekulanten von 167.085 auf 151.570 (-9,3 Prozent) signifikant reduziert. Unter den Kleinspekulanten hat sich die wachsende Skepsis in einem Rückgang von 25.087 auf 16.253 Futures (-35,2 Prozent) niedergeschlagen. Der Ausgang der Italien-Wahl, wo die Bürger am gestrigen Sonntag die Verfassungsreform von Ministerpräsident Matteo Renzi abgelehnt haben, und der Rücktritt Renzis haben dem gelben Edelmetall nicht geholfen - obwohl dadurch Italiens Finanzlage immer prekärer werden dürfte.
Auf Seite 2: Krisenschutz Gold ist eher "out"
Der Goldpreis leidet derzeit unter mehreren Belastungsfaktoren. Erstens: Nach dem Wahlsieg von Donald Trump sind die Renditen von US-Staatsanleihen regelrecht emporgeschnellt, wodurch den Goldbesitzern der Zinsverzicht (Opportunitätskosten) immer schwerer fällt. Dies führt beim zins- und dividendenlosen Sachwert Gold zu einer diesbezüglich nachlassenden Attraktivität. Zweitens: Trotz Trump scheinen Anleger gegenwärtig keinen sonderlich ausgeprägten Bedarf an Krisenschutz zu haben. Viel Kapital floss vor allem in die Aktienmärkte, was sich am Rekordniveau des Dow Jones besonders gut ablesen lässt.
Das Desinteresse an Gold machte sich in den USA vor allem im ETF-Sektor bemerkbar. Beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares überwogen seit dem Wahlsieg von Donald Trump eindeutig die Verkäufe. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich dessen gehaltene Goldmenge seither von 955,03 auf 870,22 Tonnen reduziert (-84,83 Tonnen). Bedingt durch den rapiden Goldpreisverfall hat sich der Marktwert des Finanzprodukts von 39,34 Milliarden auf 32,82 Milliarden (-6,52 Milliarden) Dollar ermäßigt. Eine schwache Nachfrage war aber auch in Indien registriert worden.
Grund: Den Indern fehlen aufgrund der chaotischen Bargeldreform - trotz erheblichem Bedarf und Appetit auf den Krisenschutz Gold - schlicht und einfach die Mittel zum Goldkauf. Die diesjährige Hochzeitsaison dürfte daher nicht den erhofften Nachfrageboom mit sich bringen. Laut Medienberichten soll dem Milliardenvolk sogar ein Importverbot für Gold drohen. Die Vereinigung der indischen Juweliere und Goldhändler IBJA habe "aus gewissen Kreisen" von dieser Möglichkeit erfahren. Dies alles legt vor allem einen Schluss nahe: Der Besitz von physischem Gold macht - allen Unkenrufen zum Trotz - Sinn, möglicherweise mehr denn je.
Auf Seite 3: Zum Commitments of Traders-Report
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.