Üblicherweise freitagabends erfährt die Öffentlichkeit von der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission, ob Terminspekulanten bei Gold-Futures optimistischer, skeptischer oder pessimistischer geworden sind. Daneben liefert der sogenannte Commitments of Traders-Report aber auch aktuelle Daten, wie sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures entwickelt hat. Dies kommt in der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zum Ausdruck, wobei ein Goldfuture den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold repräsentiert. Noch interessanter sind jedoch die Erkenntnisse, welche Transaktionen kommerzielle Branchenangehörige (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) auf Wochensicht durchgeführt haben. Daraus kann man dann deren aktuelle Marktmeinung ableiten.
In der Woche zum 4. April war bei der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zwar ein Rückgang von 449.418 auf 427.808 Futures (-4,8 Prozent) registriert worden, die kumulierte Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten tendierte jedoch zum dritten Mal in Folge nach oben. Auf Wochensicht zog diese von 152.114 auf 171.016 Futures (+12,4 Prozent) an. Dadurch hat sich deren Optimismus innerhalb von drei Wochen um immerhin 39 Prozent erhöht.
Wieder einmal war diese wachsende Zuversicht vor allem auf die Transaktionen der Großspekulanten zurückzuführen. Sie haben nämlich die Zahl long positionierter Futures (+11.200 Kontrakte) massiv nach oben gefahren und zugleich ihr Short-Exposure (-6.400 Futures) signifikant reduziert. Dies führte bei deren Netto-Long-Position zu einem Anstieg von 137.820 auf 155.436 Kontrakte (+12,8 Prozent). Kleinspekulanten sind ebenfalls optimistischer geworden und haben ihre Netto-Long-Position von 14.294 auf 15.580 Futures (+9,0 Prozent) ausgebaut.
Auf Seite 2: Charttechnik - 200-Tage-Linie bei Gold heiß umkämpft
Charttechnik - 200-Tage-Linie bei Gold heiß umkämpft
Aus charttechnischer Sicht hat sich in den vergangenen Wochen beim Goldpreis die Spannung deutlich erhöht. Nach dem erfolgreichen Test der Marke von 1.200 Dollar drehte das gelbe Edelmetall wieder deutlich nach oben und befindet sich mittlerweile in einem heftigen Kampf mit der langfristigen 200-Tage-Linie. Diese Durchschnittslinie weist aber noch eine leichte Abwärtstendenz auf, was unter Chartisten in der Regel als kritisch betrachtet wird. Ein markanter Kurssprung in Richtung 1.300 Dollar hätte somit gleich zwei Kaufsignale zur Folge, da in diesem Fall nicht nur der gleitende Durchschnitt markant überwunden wäre, sondern zudem dieser nachfolgend nach oben drehen würde. Doch dies dürfte kein leichtes Unterfangen werden, schließlich sind im aktuellen Kursbereich signifikante charttechnische Widerstände angesiedelt. In den kommenden Handelstagen dürfte es aber auch aus einem anderen Grund spannend werden. Angesichts der anstehenden Osterfeiertage droht eine nachlassende Liquidität. Dies könnte beim Eintreffen größerer Orders zu kräftigen Kursausschlägen führen - nach oben, aber auch nach unten.
Unter fundamentalen Aspekten dürften die Akteure an den Goldmärkten mit Argusaugen die angekündigten Inflationsdaten beobachten. Dass Regierungen aufgrund ihrer enormen Verschuldung an steigenden Inflationsraten stärker interessiert sind als Anleger, dürfte kein Geheimnis sein. In dieser Woche steht eine regelrechte Flut an aktuellen Inflationszahlen auf der Agenda. So gibt es zum Beispiel am morgigen Dienstag diesbezügliche Meldungen aus Großbritannien. Am Mittwoch erfahren die Investoren, wie sich in China die Konsumenten- bzw. Produzentenpreise entwickelt haben. Danach müssen dann noch die Teuerungsraten in Indien (Mittwoch), Italien und Deutschland (beide Donnerstag) sowie die US-Inflation (Freitag) verkraftet werden. Sollte sich die Geldentwertung beschleunigen, dürfte dies tendenziell für ein Goldinvestment sprechen.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.