Goldpreis: Die Profis sind ratlos
· Börse Online RedaktionEinmal pro Woche warten die Akteure an den Goldmärkten mit Spannung auf den von der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) erstellten Commitments of Traders-Report. Dieser zeigt unter anderem auf, wie sich bei Gold-Futures das Marktsentiment entwickelt hat. Dabei erfährt die Finanzwelt, ob sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures im Vergleich zur Vorwoche verstärkt oder reduziert hat, was durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) ersichtlich wird. Wichtig zu wissen: Einem Future liegen (zumindest auf dem Papier) 100 Feinunzen Gold zugrunde. Besonders aussagekräftig wird der Stimmungsbericht für Investoren aber vor allem dadurch, dass man konkrete Stimmungen diverser Gruppen von Marktakteuren ersehen und interpretieren kann. So erfährt man beispielsweise, wie sich im Vergleich zur Vorwoche die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) entwickelt haben. Dies zeigt dann auf, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist, was bei der Einschätzung der eigenen Marktmeinung hilfreich sein kann.
An den Terminmärkten hat sich die positive Laune wieder leicht verzogen. Unter anderem hat sich dies durch ein nachlassendes Interesse an Gold-Futures bemerkbar gemacht. So hat sich zum Beispiel die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) von 469.400 auf 450.600 Kontrakte (-4,0 Prozent) ermäßigt. Dabei fiel auf, dass Großspekulanten in der vergangenen Woche skeptischer und Kleinspekulanten optimistischer geworden sind. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten schlug sich dies auf Wochensicht in einem leichten Rückgang von 136.700 auf 134.300 Futures (-1,8 Prozent) nieder.
Großspekulanten haben ihre Long-Seite etwas stärker reduziert als das Short-Exposure, was zu einer Reduktion der Netto-Long-Position von 115.100 auf 111.400 Kontrakte (-3,2 Prozent) geführt hat, während kleine Terminspekulanten im selben Zeitraum optimistischer geworden sind. Hier war nämlich ein Anstieg der Netto-Long-Position von 21.600 auf 22.900 Futures (+6,0 Prozent) registriert worden.
Auf Seite 2: Gold - 1.300 Dollar wirkt wie ein Magnet
Seit einem Monat pendelt der Goldpreis in unmittelbarer Nähe zur Marke von 1.300 Dollar, wobei diese mehr und mehr eine magnetische Wirkung zu entfalten scheint. Das Marktsentiment kann aber weiterhin als leicht negativ bezeichnet werden, schließlich verletzte das gelbe Edelmetall in der ersten Maihälfte die 200-Tage-Linie und generierte dadurch ein Verkaufssignal. Von einem markanten Verkaufsdruck kann allerdings derzeit noch nicht gesprochen werden. Dies könnte sich allerdings ändern, falls die unterhalb von 1.300 Dollar angesiedelte untere Begrenzung des mittelfristigen Aufwärtstrends verletzt wird. Deutlich aufhellen würde sich die charttechnische Lage bei einem nachhaltigen Überwinden der im Bereich von 1.308 Dollar angesiedelten langfristigen Durchschnittslinie. Im Juli 2017 und im Dezember 2017 folgten auf das damalige fulminante Überwinden dieser Linie eine (temporäre) Verteuerungen von jeweils mehr als 100 Dollar.
In der laufenden Woche dürften bei der Entwicklung aber auch fundamentale Aspekte eine große Rolle spielen. Am morgigen Dienstag beginnt nämlich die zweitägige Sitzung der US-Notenbank Fed. Ein Zinsschritt nach oben um 25 Basispunkte gilt zwar als relativ sicher, mit großer Spannung dürften aber vor allem die Statements von Fed-Chef Jerome Powell auf der Pressekonferenz verfolgt werden. Hier dürfte wieder einmal jedes Wort auf die "Goldwaage" gelegt werden. Auch die aktuellen Fed-Prognosen zur Entwicklung der Inflation, des Wirtschaftswachstums und des Arbeitsmarktes dürften mit Argusaugen verfolgt werden.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.