Goldpreis: Die Profis tappen im Dunkeln
· Börse Online RedaktionMit großer Aufmerksamkeit verfolgen die Akteure an den Goldmärkten regelmäßig den von der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) veröffentlichten Stimmungsbericht über die aktuelle Stimmung an den Terminmärkten. Dieser sogenannte Commitments of Traders-Report zeigt unter anderem auf, wie sich auf Wochensicht das allgemeine Interesse an Gold-Futures entwickelt hat. Ablesbar wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), wobei einem Future (zumindest auf dem Papier) der Gegenwert von 100 Feinunzen Gold zugrunde liegt. Des Weiteren wird das Update für Investoren aber vor allem dadurch interessant, dass man sich über konkrete Stimmungen diverser Gruppen von Marktakteuren informieren und diese entsprechend interpretieren kann. So zeigt das Update zum Beispiel auf, wie sich innerhalb einer Woche die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) entwickelt haben. Daraus lässt sich dann ableiten, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
Die aktuelle Stimmung unter großen wie kleinen Terminspekulanten lässt sich derzeit am besten als wechselhaft bezeichnen. Das allgemeine Interesse an Gold-Futures, welches durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) zum Ausdruck kommt, hat sich in der Woche zum 8. Mai von 507.800 auf 491.400 Kontrakte (-3,2 Prozent) reduziert. Mit Blick auf die aktuelle Stimmung der spekulativen Marktakteure gab es keine sonderlich ausgeprägten Trends zu vermelden. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten war auf Wochensicht ein leichtes Plus von 131.900 auf 135.000 Futures (+2,4 Prozent) zu beobachten. Zur Erinnerung: Vor fast vier Monaten fiel dieser Wert zwar um 100.000 Kontrakte höher aus, dem Goldpreis hat dies bislang aber kaum geschadet.
Sowohl große als auch kleine Terminspekulanten sind per Saldo optimistischer geworden - der eine mehr (Kleinspekulanten), der andere weniger (Großspekulanten). Letztere haben ihre Short-Exposure (-11.700 Futures) stärker reduziert als ihre Long-Seite (-11.000 Futures). Dadurch erhöhte sich deren Netto-Long-Position von 106.800 auf 107.400 Kontrakte (+0,6 Prozent) lediglich marginal, während sich bei kleinen Terminspekulanten die Netto-Long-Position auf Wochensicht von 25.100 auf 27.500 Futures (+9,6 Prozent) deutlich stärker erhöht hat.
Auf Seite 2: US-Anleger "verschmähen" Goldmünzen
Der Absatz frisch geprägter American-Eagles-Goldmünzen verläuft in diesem Jahr extrem schleppend, was sich an den ausgelieferten Stückzahlen der nationalen Prägeanstalt US Mint sehr gut ablesen lässt. In den ersten vier Monaten wurden lediglich 72.000 Feinunzen Gold in Form von American Eagles unter das Anlegervolk gebracht. In den Jahren zuvor wurde in den vergleichbaren Zeiträumen um ein Vielfaches höhere Stückzahlen ausgeliefert. Von Januar bis April 2017 wurde zum Beispiel ein Wert von 172.000 Feinunzen gemeldet. Selbst im Jahr 2008, als die US-Investmentbank Lehman Brothers noch nicht pleite war, wurden 151.000 Feinunzen fabrikneuer Goldmünzen ausgeliefert. Als die Anleger einen Zusammenbruch der globalen Finanzsysteme (2009) bzw. der europäischen Gemeinschaftswährung (2013) befürchtet hatten, lagen die vergleichbaren Absatzzahlen im Bereich von 500.000 Feinunzen.
Das geringe Interesse an den US-Goldmünzen hat deren Aufgelder in den vergangenen Wochen ordentlich zusammenschmelzen lassen. Zeitweise waren die US-Exemplare sogar günstiger zu haben als die bekannten Varianten aus China und Europa. Wer Gold weniger als Spekulationsobjekt, sondern vielmehr als Vermögensschutz betrachtet, sollte das geringe Interesse in den USA daher als Chance begreifen. Sobald nämlich die Unsicherheit an den Finanzmärkten deutlich zunimmt, müsste man wieder deutlich höhere Aufgelder "berappen" und man würde dadurch entsprechend weniger Gold für Geld erhalten.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.