Verrückte Zeiten beim Gold: Zunächst hatte es vergangene Woche nach einem erneuten Plus beim Goldpreis ausgesehen - denn der Brexit-Deal scheiterte mit einer überwältigenden Mehrheit im britischen Parlament. Damit gilt ein ungeordneter EU-Austritt der Briten als wahrscheinlicher denn je. Doch an den Börsen interessierte dies kaum jemanden. Weder ging es an den Goldmärkten nach oben, noch bei Devisen, Aktien oder Anleihen nach unten. Lediglich das britische Pfund gab etwas nach.
Im Fokus der Anleger stand weniger die Hiobsbotschaft aus Großbritannien, sondern der Handelskonflikt zwischen China und den USA - hier hoffen Investoren auf ein Ende des Streits. Anstatt also wegen des Brexit in den sicheren Hafen Gold zu fliehen, standen dies- wie jenseits des Atlantiks internationale Blue Chips auf der Kaufliste.
Beim Gold ging es indes um rund ein halbes Prozent nach unten. Zwei Faktoren waren dafür entscheidend: Steigende Zinsen in den USA und ein starker Dollar. So kletterte zum Beispiel der Dollarindex, der die US-Währung mit sechs anderen wichtigen Währungen vergleicht, auf den höchsten Stand seit zwei Wochen. Angesichts der Tatsache, dass 800.000 Regierungsmitarbeiter wegen des längsten "Shutdown" der US-Geschichte seit Wochen kein Geld erhalten eine nicht ganz nachvollziehbare Entwicklung.
Ungewöhnlich ist zudem, dass eine Feinunze Palladium derzeit mehr kostet als Gold. In den vergangenen Jahren war dies lediglich vor und nach dem Jahrtausendwechsel der Fall. Nachdem Palladium am Donnerstag kurzzeitig über die Marke von 1.400 Dollar geklettert war und damit ein neues Rekordhoch markiert hat, scheint das insbesondere in den Katalysatoren von Benzinfahrzeugen verarbeitete Edelmetall in den Korrekturmodus übergegangen zu sein.
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Globale Schulden expandieren
Doch Anleger mit Geduld sollten sich vom "Tagesrauschen" an den Finanzmärkten nicht zu sehr beeindrucken lassen. Es gibt auch weiterhin zahlreiche Fakten, die Gold recht aussichtsreich und als sinnvolle Anlagealternative erscheinen lassen.
So meldete in der vergangenen Woche das Institute of International Finance einen kräftigen Anstieg der globalen Verschuldung. Seit 2016 stieg der Schuldenbergs um 27 Billionen auf 244 Billionen Dollar. Damit beläuft sich die Schuldenquote von Unternehmen, Privathaushalten und dem öffentlichen Sektor auf 318 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts.
Vor diesem Hintergrund relativiert sich die Aussagekraft für das weltweite Wirtschaftswachstum der vergangenen beiden Jahre, da es in erster Linie nicht von nachhaltiger, sondern von kreditfinanzierter Natur ist. Über eines sollte sich jeder Anleger klar sein: Eine Reduktion oder gar Zurückzahlung des exorbitanten Schuldenbergs wird höchstwahrscheinlich niemals eintreten. Man sollte bereits damit zufrieden sein, wenn der Schuldendienst - also das pünktliche Zahlen der Zinsen und die reibungslose Refinanzierung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten funktioniert.
Unter charttechnischen Aspekten hinterlässt der Goldpreis derzeit nicht gerade den solidesten Eindruck. Die im Bereich von 1.300 Dollar angesiedelte Widerstandszone erwies sich als "eine Nummer zu groß". Bereits Anfang Januar löste der Timingindikator Relative-Stärke-Index mit dem Unterschreiten der Marke von 70 Prozent ein Verkaufssignal aus. Nun dürfte sich das gelbe Edelmetall erst einmal in tiefere Regionen orientieren. Problem dabei: Eine richtig solide Unterstützung ist erst im Bereich von 1.200 Dollar auszumachen. Sollte der Krisenschutz in Richtung 1.250 Dollar zurückfallen, wird es richtig spannend. Hier verläuft nämlich die langfristige 200-Tage-Linie. Ihr Unterschreiten wäre als besonders starkes Verkaufssignal zu interpretieren. Doch noch ist man davon ein gutes Stück entfernt.